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Benedikt Sepp

Linke Leute von rechts? Die nationalrevolutionäre Bewegung in der Bundesrepublik

Marburg: Tectum Verlag 2013; 127 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-8288-3235-0
Die Studie des Politikwissenschaftlers Benedikt Sepp kreist um die in den 1960er‑Jahren aufgekeimte nationalrevolutionäre Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland: um die Beschreibung ihrer Genese, ihrer Ideologie und ihrer Identitätskonstruktionen. Die Frage, die diesen deskriptiven Anspruch überwölbt, ist theoretischer Natur. Der Autor will klären, „ob und inwieweit ein alternatives Verständnis von ‚links‘ und ‚rechts‘ bei der Beschreibung der nationalrevolutionären Bewegung fruchtbar ist und ob dieses alternative Verständnis auch für die Analyse anderer politischer Strömungen von Nutzen sein kann“ (11). Zwar spreche viel für das Etikett „Rechtsextremismus“; vom Linksextremismus entliehene Versatzstücke – Revolution, Sozialismus, Kritik an der Konsum‑ und Massengesellschaft etwa – weckten aber grundsätzliche Zweifel am Nutzen der Links‑Rechts‑Unterscheidung, gegen die sich die nationalrevolutionäre Strömung Zeit ihres – kurzen – Lebens gewendet habe. Zu Beginn legt Sepp – auf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand verzichtet er – die von Konflikten geprägten Ursprünge der Nationalrevolutionären im deutschen Rechtsextremismus der Nachkriegszeit frei. An empirischen Belegen für die zentralen, vom Autor identifizierten Ideologeme – etwa das biologistische Menschenbild, der progressive Nationalismus, der Sozialismus –, fehlt es nicht; freilich dominieren Henning Eichbergs Schriften den Fußnotenapparat. Was die eigenen Identitätskonstruktionen der Bewegung betrifft, geht der Autor auf geistige Vorbilder (allen voran Ernst Niekisch) ebenso ein wie auf die – sehr wenigen – Versuche, an historische Vorläufer aus der Weimarer und der NS‑Zeit anzuknüpfen. Die Abgrenzungsbestrebungen der Szene gegenüber dem Konservatismus, dem Nationalsozialismus und der „Alten Rechten“ (76) fehlen gleichfalls nicht. Das Ziel, die Links‑Rechts‑Dichotomie als Ergebnis der Analyse zu erweitern beziehungsweise zu präzisieren, verliert der Autor im Laufe seiner Auseinandersetzung indes aus den Augen. Die auffallend lebhaft geschriebene und fast durchgängig deskriptive Studie, die zu den ersten gehört, die den Forschungsbereich erhellen, gehört zu sehr zur Zeitgeschichtsforschung und zu wenig zur vergleichenden Ideengeschichte.
Tom Mannewitz (MAN)
Dr., Politikwissenschaftler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.37 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Tom Mannewitz, Rezension zu: Benedikt Sepp: Linke Leute von rechts? Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37044-linke-leute-von-rechts_45736, veröffentlicht am 22.05.2014. Buch-Nr.: 45736 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken