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Tanja Vuković

Der Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 in perspektivischen Kriegsgeschichten

Marburg: Tectum Verlag 2013; VIII, 159 S.; pb., 24,95 €; ISBN 978-3-8288-3147-6
Die Aufarbeitung des Bosnien‑Krieges gehe „nur sehr schleppend“ (5) voran, schreibt Tanja Vuković. Die bosnische Serbin ist selbst mit ihrer Familie vor dem Krieg geflüchtet, hat Geschichte an der Universität Flensburg studiert und sich vorgenommen, ein „möglichst objektives Bild“ (4) dieses Krieges herauszuarbeiten. Angesichts der Komplexität des Themas ist das ein hochgestecktes Ziel – zumal diese Studie einen überschaubaren Umfang hat. Die Autorin versucht sowohl bei der Auswahl der verwendeten Literatur als auch bei der Bewertung einen unparteiischen Standpunkt einzunehmen. Dies führt allerdings schon beim Ausloten des unmittelbaren Kriegsauslösers zu Problemen, da sich ihrer Ansicht nach die genauen Ereignisse nicht mehr herleiten lassen. Vukovi? identifiziert aber die zentralen Fragen der zugrunde liegenden Konflikte: „Welche Volksgruppe und Religion ist hier die Stärkste, und welche der drei hat es am ehesten verdient, über das Land Bosnien‑Herzegowina zu herrschen.“ (71) Nach dem Tod Titos 1980 spitzten sich die nationalistischen Bestrebungen zu, die während seines Regimes innerhalb der Föderation Jugoslawien und besonders in der „Dreivölkerrepublik“ Bosnien‑Herzegowina über Jahrzehnte unterdrückt worden waren, so die Erläuterungen der Autorin. Der Krieg zwischen bosnischen Serben, bosnischen Kroaten und Bosniaken von 1992 bis 1995 sei der Versuch gewesen, diese Fragen endgültig zu beantworten. Vuković versucht sich an einer differenzierten Beschreibung der genauen Motive und Handlungen der Konfliktparteien, ihre Bemühungen aber, alle Sichtweisen gleichberechtigt darzustellen, wirken bisweilen eben tatsachlich sehr bemüht und sprachlich holprig. Sie verschafft den Leser_innen zwar einen sehr guten Überblick über die Aufarbeitung der Thematik in der Forschungsliteratur, trennt sich in dieser insgesamt rein deskriptiven Studie aber leider zu selten von dieser. Ihr Fazit wirkt deshalb nachvollziehbar, vermittelt aber keine wesentlich neuen Erkenntnisse: „Generell leben die Menschen in Bosnien‑Herzegowina mittlerweile miteinander, jedoch tief in ihnen herrschen fortdauernd Abneigungen.“ (146) Da die Aufarbeitung innerhalb der ehemaligen Kriegsregion nicht weit über gegenseitige Schuldzuweisungen hinausgekommen sei, so Vuković abschließend, könne es „jeder Zeit wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen in Bosnien kommen“ (150).
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.612.254.41 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Tanja Vuković: Der Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 in perspektivischen Kriegsgeschichten Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37029-der-bosnienkrieg-von-1992-bis-1995-in-perspektivischen-kriegsgeschichten_45178, veröffentlicht am 30.04.2014. Buch-Nr.: 45178 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken