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Forschungswerkstatt Uckermark (Hrsg.)

Unwegsames Gelände. Das Jugendkonzentrationslager Uckermark. Kontroversen um einen Gedenkort

Gütersloh: Fördergemeinschaft wissenschaftlicher Publikationen von Frauen 2013; 272 S.; pb., 34,90 €; ISBN 978-3-939348-22-1
Das sogenannte Jugendschutzlager Uckermark gehörte in der gesamten Zeit seiner Existenz zum etwa 1,5 Kilometer entfernten Konzentrationslager Ravensbrück. Zwischen 1942 und 1945 wurden dort Mädchen und junge Frauen inhaftiert, die von den Nationalsozialisten als „asozial“ kategorisiert oder aus „rassischen“ Gründen verfolgt wurden oder die zuvor in Gestapo‑Haft gewesen waren. Heute ist der überwiegende Teil des ehemaligen Jugendkonzentrationslagers verwildert und von Bauruinen geprägt. Gegen das Vergessen und für eine Aufarbeitung des historischen Ortes setzen sich vorrangig selbstorganisierte, heterogene Initiativen ein, die auf dem Gelände Gedenktafeln, Skulpturen und Steine aufgestellt haben und Begegnungscamps organisieren. Die Gruppen haben dabei ganz unterschiedliche Zugänge und zum Teil sehr kontroverse Ansichten darüber, wie erinnert, anerkannt und entschädigt werden sollte. Die im universitären Rahmen angesiedelte Forschungswerkstatt Uckermark versucht mit diesem Sammelband, „eine Plattform zu schaffen, in der die divergierenden, z. T. unvereinbaren Positionen der beteiligten Akteur_innen nebeneinstehen stehen können und dokumentiert sind“ (15 f.). Die Werkstatt setzt sich damit auch im Rahmen ihrer eigenen Forschungen „mit den Kontroversen über die Schaffung eines gegenwärtigen und zukünftigen Gedenkortes Uckermark“ (16) auseinander, wobei sie einen Schwerpunkt auf die gendertheoretische und feministische Perspektive legt. Dementsprechend enthält der Band auch Beiträge, die sich nicht nur auf das Jugendkonzentrationslager Uckermark beziehen (lassen), sondern die Kategorie Geschlecht in Beziehung zu (individuellem und politischem) Erinnern und kollektiver Geschichtsschreibung setzen. So geht beispielsweise Meike Günther in ihrem Artikel der Frage nach, wie die Kategorie Geschlecht in Bildungsprogramme einbezogen werden könnte. Bisherige pädagogische Konzepte würden zwar die Kategorie Geschlecht aufgreifen, allerdings bergen sie nach Ansicht der Autorin zumeist die Gefahr in sich, dass Stereotypisierungen von männlich und weiblich fortgeschrieben und als quasi‑natürlich vermittelt werden. Durch die Kontextualisierung von Begriffen wie „normal“ und „anormal“ könne dieser Gefahr begegnet werden. Der Band bietet mit dieser Perspektive einen Ansatz, der über die eigentliche erinnerungspolitische Verortung des Jugendkonzentrationslagers in der Uckermark hinausweist.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Forschungswerkstatt Uckermark (Hrsg.): Unwegsames Gelände. Gütersloh: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37026-unwegsames-gelaende_45070, veröffentlicht am 30.04.2014. Buch-Nr.: 45070 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken