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Holger Zapf (Hrsg.)

Nichtwestliches politisches Denken. Zwischen kultureller Differenz und Hybridisierung

Wiesbaden: Springer VS 2012 (Trans- und interkulturelle Politische Theorie und Ideengeschichte); 218 S.; brosch., 34,95 €; ISBN 978-3-658-00554-2
Die Auseinandersetzung mit der kulturellen Spezifik politischer Ideen neigt ebenso wie die allgemeinere Frage nach der Bedeutung von Kultur dazu, Letztere zu homogenisieren, sie als determinierenden Rahmen für politische Ideen und Orientierungen vorauszusetzen. Damit wird aber die Geschlossenheit von Kulturen sowohl nach innen wie auch nach außen überschätzt. Für eine konstruktive vergleichende politische Ideengeschichte sollte es also, so der Herausgeber in seiner Einleitung, viel stärker als bisher darum gehen, „kulturelle Differenzen nicht zu leugnen, sie produktiv zu halten, sie aber auch nicht zum Angelpunkt der Analyse zu machen“ (8). Der Band versammelt dazu die Beiträge der Gründungstagung der DVPW‑Themengruppe „Transkulturell vergleichende Politische Theorie“. Die zwölf Aufsätze behandeln im ersten Teil konzeptionelle Probleme einer transkulturellen Politischen Theorie, analysieren anschließend das Verhältnis zwischen westlichen und nichtwestlichen politischen Ideen, um schließlich im dritten Teil nach Anschlussmöglichkeiten für die empirische Forschung zu suchen. Die Schwierigkeiten einer transkulturellen politischen Ideengeschichte werden unter anderem gut im Beitrag von Alexander Weiß deutlich, in dem er zunächst die von Martha Nussbaum 1998 behandelten „vier Laster“ (65 ff.) der vergleichenden politischen Theorie aufgreift. Diese Laster beziehen sich etwa auf die Tendenz, westliche Kulturen als maßstabsgebend für die Beurteilung anderer politischer Ideen heranzuziehen. Damit aber entgehen dem (westlichen) Betrachter zahlreiche neue Elemente, die ihm vor dem Hintergrund dieses Rasters unzugänglich sind. Weiß verdeutlicht diese Probleme anschließend am Beispiel der Aufgabe, eine globale Theorie der Demokratie zu entwerfen. Im Analyseteil wendet sich Jörn Knobloch der Adaptierung westlicher Ideen zu und zeigt, wie die Rezeption des Liberalismus in Russland durch regionale Macht‑ und Herrschaftspraktiken sowie Praktiken der Bedeutungsgebung beeinflusst wurde. Taylan Yildiz diskutiert im dritten Teil am Beispiel der Transformationsforschung die Notwendigkeit, einen wechselseitigen Anschluss zwischen Politischer Theorie und empirischer Politikforschung herzustellen, um die soziale Logik gesellschaftlicher Prozesse überhaupt adäquat erfassen zu können. Die Reichhaltigkeit und Bedeutung der diskutierten Themen machen diesen gelungenen Sammelband zu einer Lektüre, die praktisch sämtliche Teildisziplinen der Politikwissenschaft ungemein bereichern kann.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.25.422.212.222.232.652.67 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Holger Zapf (Hrsg.): Nichtwestliches politisches Denken. Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36947-nichtwestliches-politisches-denken_44561, veröffentlicht am 10.04.2014. Buch-Nr.: 44561 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken