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Robert Chr. van Ooyen

Integration. Die antidemokratische Staatstheorie von Rudolf Smend im politischen System der Bundesrepublik

Wiesbaden: Springer VS 2014; 122 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-658-03661-4
Die Integrationslehre Rudolf Smeds ist in ihren Grundthesen eigentlich unvereinbar mit der liberalen und parlamentarischen Demokratie. Sie ist in eine etatistische Tradition einzuordnen, die den Staat in den Mittelpunkt der politischen Theorie stellt und die Existenz eines einheitlichen Staatsvolks voraussetzt. Dem liberalen und pluralistischen Weltbild, in dem die Freiheit des Individuums das höchste Gut darstellt und der Einfluss des Staates möglichst begrenzt werden soll, stehen solche Gedanken klar entgegen. Und dennoch wirkt die in der Weimarer Republik entwickelte Integrationslehre auch in der Bundesrepublik Deutschland weiter, wie es Robert Chr. van Ooyen in seinem Buch anhand dreier Bereiche exemplarisch aufzeigen möchte: Dem Bundespräsidenten Deutschlands wird demnach neben anderen Aufgaben stets eine „Integrationsfunktion“ zugeschrieben. Besonders Roman Herzog thematisierte diese Funktion ausgiebig. Der Präsident, so Herzog, stehe eben über dem Parlament und über der Regierung, die jeweils nur knapp über die Hälfte aller Bürger repräsentierten. Er sei dahingegen dafür verantwortlich, das gesamte Volk zu repräsentieren und zu einer Gemeinschaft zu integrieren. Sehr ähnlich lautet auch die Argumentation zur Rolle des Bundesverfassungsgerichtes. Da es außerhalb des Parteienwettbewerbs steht und alle Parteien gleichsam auf das Grundgesetz zurückbindet, ist es viel mehr Repräsentant des Gemeinwillens, als es Parteien und Regierungen je sein können. Schließlich hat auch die bundesstaatliche Ordnung eine doppelte Integrationsfunktion: Einerseits sind die Länder „Integrationsobjekt“ und werden in den Einheitsstaat integriert, doch sind sie andererseits auch „Integrationsmittel“ (75) für eine weitere Integration der Bezirke, Kommunen usw. Van Ooyens Buch ist keine systematische Monografie, sondern eine Zusammenstellung von Beiträgen und Rezensionen, die bereits an anderer Stelle von ihm zum Thema veröffentlicht wurden. Zu Beginn funktioniert das im Aufbau sehr gut und einige Interpretationen der Lehre Smends werden anschaulich dargestellt. Erst die kürzeren Beiträge am Schluss wirken für den größeren Zusammenhang eher fehl am Platz, können aber dennoch Impulse geben.
Vinzent-Vitus Leitgeb (VL)
B.A., Politikwissenschaften, Student im Masterstudiengang des Geschwister-Scholl-Instituts für Politikwissenschaften an der LMU München.
Rubrizierung: 2.3 | 2.32 | 2.323 | 2.324 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Vinzent-Vitus Leitgeb, Rezension zu: Robert Chr. van Ooyen: Integration. Wiesbaden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36919-integration_45412, veröffentlicht am 27.03.2014. Buch-Nr.: 45412 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken