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Valentin Aichele (Hrsg.)

Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht. Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013; 398 S.; brosch. 86,- €; ISBN 978-3-8329-7153-3
Mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN‑Behindertenrechtskonvention, UN‑BRK) wurde ein Paradigmenwechsel weg von einer fremdbestimmten Fürsorge für die betroffenen Menschen hin zu einer Politik der Rechte und der Unterstützung für ein selbstbestimmtes Handeln eingeleitet. In Deutschland ist die UN‑BRK 2009 in Kraft getreten und seitdem wurden zahlreiche Aktivitäten zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen mit Nichtbehinderten angeschoben. In diesem Band wird überprüft, inwieweit das geltende Recht sowie dessen Auslegung und Anwendung die Anforderungen der UN‑BRK erfüllen. Von zentraler Bedeutung ist Artikel 12 UN‑BRK, der die gleiche Anerkennung vor dem Recht festschreibt und damit Menschen mit Behinderungen die Fähigkeit zu rechtlichem Handeln zuspricht. Dazu gehört auch der gleichberechtigte Zugang zum Recht, dem drei Beiträge gewidmet sind. Wolfhard Kohte und Claudia Beetz kommen in ihrer Analyse von Arbeitsgerichtsverfahren zu bedenklichen Befunden, was die Bestimmung der Prozess(un)fähigkeit und weitere Aspekte der Verfahrensgestaltung betrifft. Die untersuchten Gerichte seien weit hinter dem „Stand der verfassungsgerichtlichen Judikatur“ zurückgeblieben und „auch das SGB IX und sein sozialer Behinderungsbegriff sind dort offensichtlich noch nicht angekommen“ (152). Neben der Feststellung solcher praktischen Hindernisse stehen aber auch Befunde, die Gesetzesreformen nahelegen, wie Minou Banafische für den Bereich des Sozialrechts aufzeigt. So bestehe beispielsweise im Hinblick auf die freie Wahl des Aufenthaltsortes und der Wohnform „ein nicht unerheblicher Handlungsbedarf des Gesetzgebers“ (267). Leander Palleit nimmt die politischen Grundrechte in den Blick und setzt sich kritisch mit dem Ausschlusstatbestand des Paragraphen 13 Bundeswahlgesetz auseinander. Er fordert, gesetzliche Ausschlüsse von Wahlen im deutschen Recht generell abzuschaffen. Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung im Vorwege des Inkrafttretens der UN‑BRK davon ausging, „dass allenfalls kleine Probleme in Gesetzesvollzug oder in der Praxis zu Tage gebracht werden könnten, nicht aber, dass auch nur ein Gesetz geändert werden müsste“ (17), wie Valentin Aichele einleitend skizziert, ist das Ausmaß der von den Autor_innen für reformbedürftig erachteten Normen respektive der diskriminierenden Praxis erstaunlich hoch.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3434.422.32 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Valentin Aichele (Hrsg.): Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36913-das-menschenrecht-auf-gleiche-anerkennung-vor-dem-recht_45144, veröffentlicht am 27.03.2014. Buch-Nr.: 45144 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken