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Ulrich Immenga / Torsten Körber

Die Kommission zwischen Gestaltungsmacht und Rechtsbindung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Kartell- und Regulierungsrecht 2); 185 S.; brosch., 49,- €; ISBN 978-3-8329-7526-5
Welche Gestaltungsmacht hat die EU‑Kommission auf dem Gebiet des Kartell‑ und Wettbewerbsrechts? Diese Frage haben die Autoren – sie sind allesamt Rechtswissenschaftler – während einer Tagung im Juni 2011 in Göttingen erörtert, ihre Referate werden in diesem Sammelband dokumentiert. Die Grenzen zwischen Wettbewerbspolitik und anderen Politikbereichen sowie auch zwischen bloßen Empfehlungen und verbindlichen Rechtsakten würden zusehends verschwimmen, schreibt Ulrich Immenga. Generell trete die Kommission als Gesetzgeber, Exekutivorgan und Richter in Personalunion auf. In dem hier angesprochenen Politikbereich fungiere die Kommission vor allem als Exekutivorgan: „Die Durchsetzung der Wettbewerbsregeln ist eindeutig die bedeutendste Befugnis der Kommission in ihrem Handeln als Exekutive. Sie ist insoweit Wettbewerbsbehörde“ (35). Bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts hat sie nach Meinung von Johannes Lübking und Ulrich von Koppenfels eine gewisse Gestaltungsmacht. Sie handele jedoch nicht als politische Instanz, sondern „als rechtlich gebundene Exekutive in einem geregelten Verfahren mit umfassenden Verfahrensgarantien für die Beteiligten und unter der Kontrolle der EU‑Gerichte“ (86). Frank Schorkopf formuliert die These, „dass die Rolle der Kommission von Integrationsbeginn an geprägt ist von dem Erwartungsgegensatz, ausführende Behörde einerseits und politisches Leitorgan andererseits zu sein“ (41). Ein Blick zurück in die Gründungszeit der Montanunion zeige, dass sich die Kommission damals zum „Motor der Integration“ (42) entwickelt habe, indem sie ihr Initiativrecht politisch verstanden und selbstbewusst gegenüber dem Rat ausgeübt habe. Doch mit der Vergrößerung des politischen Einflusses des Europäischen Parlaments habe sich ihre Rolle verändert. Zwar sei das Initiativmonopol der Kommission noch immer unangetastet, doch das Parlament versuche beharrlich, sich dieses Königsrechts politischer Gestaltung zu bemächtigen. Da sich die Mitgliedstaaten im Lissabonner Vertrag zur repräsentativen Demokratie bekannt haben, sei es wahrscheinlich, dass die EU weiter parlamentarisiert werde. Folglich werde sich die Kommission immer mehr von ihrem früheren Leitbild aus Zeiten der Hallstein‑Kommission entfernen. Sie könnte künftig, so der Vorschlag von Schorkopf, „die Funktion eines Machtdämpfers gegenüber den großen zugunsten der kleinen Mitgliedstaaten“ (57) einnehmen.
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Rubrizierung: 3.3 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Ulrich Immenga / Torsten Körber: Die Kommission zwischen Gestaltungsmacht und Rechtsbindung Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36896-die-kommission-zwischen-gestaltungsmacht-und-rechtsbindung_42928, veröffentlicht am 27.03.2014. Buch-Nr.: 42928 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken