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Bogusław Dybaś / Tomasz Kranz / Irmgard Nöbauer / Heidemarie Uhl (Hrsg.)

Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen und Österreich. Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2013; 346 S.; brosch., 49,95 €; ISBN 978-3-631-62461-6
Für die Vermittlung der Verbrechen des Nationalsozialismus sind die Gedenkstätten wichtige Orte; dies umso mehr, je weiter die grausamen Ereignisse in die zeitliche Ferne rücken und die Zahl der noch lebenden Zeitzeugen zwangsläufig schwindet. „Wie soll das Wissen über die Geschichte der Konzentrations‑ und Vernichtungslager vermittelt werden, damit die nachfolgenden Generationen die in den Lagern begangenen Verbrechen im Gedächtnis behalten und sich für die Bewahrung des Gedenkens der Opfer des Zweiten Weltkriegs verantwortlich fühlen?“ (10) Diese Frage stand im Mittelpunkt einer im September 2010 in Wien von mehreren Institutionen getragenen polnisch‑österreichischen Konferenz, auf der die Geschichte, Gegenwart und die zukünftige Rolle der ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslager in Polen und Österreich erörtert wurden. Der Band enthält 16 Beiträge, die neben dem Ländervergleich auch zwei Forschungsperspektiven auf das Thema, die theoretische über die Funktionsweise des kollektiven Gedächtnisses sowie die praktische der Gedenkstättenarbeit, beleuchten. Marcin Owsi?ski stellt die Geschichte des KZ Stutthof in der Nähe von Danzig dar. Das in der Fachliteratur oft als „vergessen“ bezeichnete Lager wurde 1939 als Vernichtungsort für polnische Intellektuelle eingerichtet, in den Kriegsjahren nach 1942 kamen weitere Häftlingsgruppen hinzu, 1944 wurden fast 50.000 Juden in das KZ Stutthof deportiert. In der polnischen Wahrnehmung aber ist Stutthof „der Ort des Leidens und des Todes der Führungselite der Region“ (48). Durch diese starke polnische beziehungsweise regionale Symbolik, so der Autor, wird Stutthof „bis heute im Bewusstsein nicht als Ort der Judenvernichtung wahrgenommen“ (65). Bertrand Perz beschreibt in seinem Beitrag über die Entstehung der Gedenkstätte Mauthausen das schwierige politische Umfeld zum Zeitpunkt der Eröffnung im Jahr 1949: „Die Reintegration der Nationalsozialisten und der Kalte Krieg machen die Gedenkstätte zu einem weitgehend marginalisierten Ort, der in der Ikonographie des Wiederaufbaus keinen Platz hatte“ (122); erst durch die politischen Umwälzungen von 1989 entstand in Österreich eine politische Debatte über die „Repräsentation von Geschichte in Gedenkstätten“ (131). Als wichtigste Herausforderung der Gedenkstättenarbeit bezeichnet Heidemarie Uhl, die „Erfahrung des Authentischen einerseits zu ermöglichen, dieses Konzept andererseits permanent einer kritischen Reflexion zu unterziehen“ (185). Wie dieser Anspruch im Einzelnen in museumspädagogische Strategien umgesetzt wird, lässt sich exemplarisch in den praxisbezogenen Beiträgen nachlesen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.4 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Bogusław Dybaś / Tomasz Kranz / Irmgard Nöbauer / Heidemarie Uhl (Hrsg.): Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen und Österreich. Frankfurt a. M. u. a.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36839-gedenkstaetten-fuer-die-opfer-des-nationalsozialismus-in-polen-und-oesterreich_44645, veröffentlicht am 13.03.2014. Buch-Nr.: 44645 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken