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Gustav Bergmann / Jürgen Daub

Das menschliche Maß. Entwurf einer Mitweltökonomie

München: oekom verlag 2012; 304 S.; geb., 22,99 €; ISBN 978-3-86581-305-3
Die vom Neoliberalismus durchdrungene kapitalistische Wachstumsphantasie, die aus sich selbst heraus keine Grenzen kennt und dementsprechend von den Autoren als maßlos beschrieben wird, ist, so Gustav Bergmann und Jürgen Daub, zum Scheitern verurteilt. Deutlich werde das etwa an der gegenwärtigen Wirtschafts‑ und Finanzkrise, aber auch an den nach wie vor ungelösten massiven ökologischen Problemen – sowohl was Umweltverschmutzung als auch was Ressourcenausbeutung und ‑verbrauch anbelange. Von daher kann man für die sehr selbstbewusst formulierte Zielsetzung des Bandes nur Sympathie haben: „Mit diesem Buch wollen wir einen Beitrag leisten, unseren Planeten zu retten und mehr Miteinander als Gegeneinander zu erzeugen.“ (15) Eine andere Welt, jenseits alltäglicher Konkurrenz und Ausbeutung, ist aus Sicht der Autoren nicht nur wünschenswert, sondern auch möglich – und das sogar auf einem hinreichenden Wohlstandslevel. Anstelle sich lange mit einer Kritik der bestehenden Verhältnisse aufzuhalten, fokussieren Bergmann und Daub Auswege aus der gegenwärtigen Misere. Alle Lösungsansätze – die in großer Breite und Varianz noch dazu in einfacher und klar verständlicher Sprache beschrieben werden – beruhen ihrerseits auf zwei zentralen Annahmen, die zum einen unser Verhältnis zur Ökonomie und zum anderen unsere Vorstellung von allgemein verbindlicher Entscheidungsfindung betreffen. Unser Verhältnis zur Ökonomie müsse sich wieder auf die dienende Funktion der Wirtschaft konzentrieren und den „Fetischcharakter“ (51) der Warenwelt überwinden. Was zunächst abstrakt klinge, werde dann zu einem ganz praktischen und vor allem alltäglich praktizierbaren Programm, wenn man etwa damit beginne, das alltägliche Konsumverhalten zu verändern. In politischer Hinsicht müsse, so die Autoren weiter, wieder mehr Entscheidungs‑ und – damit einhergehend – Aushandlungskompetenz an die Individuen zurückgegeben werden. Würden Menschen wechselseitig Absprachen treffen und verstärkt in den Dialog miteinander eintreten, so seien sie an diese wesentlich stärker und intrinsischer gebunden, als wenn es sich um rein abstrakte Regeln handele. Die von Bergmann und Daub präsentierte Synthese von Teilhabe, Ökologie und Gerechtigkeit ist – unabhängig davon, wie man zu den einzelnen Maßnahmen und der Realisierbarkeit des Gesamtvorhabens einer „Mitweltökonomie“ stehen mag – in jedem Fall eine spannende Gegenwartsdiagnose und eine starke politische Position.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.22 | 2.26 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Gustav Bergmann / Jürgen Daub: Das menschliche Maß. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36838-das-menschliche-mass_44422, veröffentlicht am 13.03.2014. Buch-Nr.: 44422 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken