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Hans Mittelbach

Lohn- und Kapitaleinkommen in Deutschland 1990 bis 2010. Zur Kritik neoklassischer und neoliberaler Konzepte

Köln: PapyRossa Verlag 2013 (Hochschulschriften 93); 589 S.; 36,- €; ISBN 978-3-89438-515-6
Warum ist der Aufschwung Ost ausgeblieben? Was sind die Ursachen dafür, dass 20 (und auch 25) Jahre nach der Wiedervereinigung die ökonomischen Ungleichheiten zwischen den neuen und den alten Bundesländern weiter bestehen? Der Wirtschaftswissenschaftler Hans Mittelbach setzt sich kritisch mit der Wirtschaftspolitik seit der Wende auseinander. Er zeichnet die Entwicklungen der Einkommens‑ und Vermögensverteilung im Zeitraum von 1990 bis 2010 nach. Im Wesentlichen bezieht er sich auf die Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung (SVR) und kontrastiert diese mit den jährlichen Memoranden der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Dabei geht er auch der Frage nach, auf welche theoretischen Konzeptionen die Transformation der ostdeutschen Wirtschaft und die weitere Einkommens‑ und Vermögensentwicklung in Deutschland zurückzuführen sind und inwieweit sich die zugrunde gelegten Annahmen in der realwirtschaftlichen Entwicklung widerspiegeln. Beispielsweise erörtert der Autor, dass sich die Theorie der J‑Kurve, der zufolge sich bei einer Transformation der Wirtschaft zunächst ein Produktionseinbruch, dann eine Phase der Stabilisierung der Produktion und schließlich ein steiler Aufschwung einstellt, im Falle Ostdeutschlands nicht bewahrheitet hat. Besondere Kritik erfährt die Umverteilung des Produktionsvermögens der DDR durch die Treuhandanstalt, ein Vorgehen, das „marktwirtschaftlichen Gepflogenheiten [diametral widersprach]“ (258). Ausführlich setzt sich Mittelbach mit der Ausrichtung der Lohnpolitik auseinander, die er entlang der Regierungsperioden von Kohl, Schröder und Merkel gliedert. Im Ergebnis spricht er sich dafür aus, die vom SVR propagierte Politik der Lohnzurückhaltung durch eine beschäftigungsorientierte Investitionspolitik abzulösen. Ein weiteres Kapitel ist der demografischen Entwicklung Deutschlands und der Finanzierung der Renten gewidmet. Faktenreich legt Mittelbach politische Fehlentscheidungen und Versäumnisse bei der Transformation der ostdeutschen Wirtschaft und deren Auswirkungen dar und leistet damit einen kritischen Beitrag zur Aufarbeitung der Wiedervereinigung und der jüngeren deutschen Geschichte. Angesprochen sind vor allem wirtschaftswissenschaftlich versierte Leser_innen. Ein Tabellen‑ und Abbildungsverzeichnis hätte dem voluminösen Band gutgetan.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3422.315 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Hans Mittelbach: Lohn- und Kapitaleinkommen in Deutschland 1990 bis 2010. Köln: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36824-lohn--und-kapitaleinkommen-in-deutschland-1990-bis-2010_44944, veröffentlicht am 06.03.2014. Buch-Nr.: 44944 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken