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Helmut Ortner

Das Buch vom Töten. Über die Todesstrafe

Lüneburg: zu Klampen Verlag 2013; 191 S.; hardc., 19,80 €; ISBN 978-3-86674-227-7
Helmut Ortner möchte seinem Selbstanspruch nach keine wissenschaftliche Studie, keine historisch lückenlose Abhandlung und keine politische Streitschrift vorlegen. Trotzdem gibt sein Buch einen guten Eindruck von den verschiedenen Aspekten der Todesstrafe, indem er ihre Geschichte, die rechtlichen Gründe für die Verurteilung zum Tode, die verschiedenen Vollstreckungsarten sowie ihre Inszenierungen vorstellt. In seinem Kapitel über die Rituale der Todesstrafe erklärt Ortner den „Sinn“ und die schriftlich festgehaltene Methode von geschichtlich frühen Tötungsarten, wie etwa die Kreuzigung, das Hängen, die Enthauptung, das Rädern, wozu von Menschen gefertigte und geführte Instrumente notwendig waren, sowie das Verbrennen, Ertränken und lebendig Begraben, wobei Menschen durch Naturkräfte starben. Wie der Autor in seinen weiteren Kapiteln deutlich macht, versuchte man die Todesstrafe im Laufe der Geschichte „zeitgemäß“, „modern“ und „human“ zu vollstrecken. Für diese Neuerung steht unter anderem die seit 1791 genutzte Guillotine, von deren „Gewalt und Schnelligkeit“ (56) Antoine Louis, der mit der praktischen Umsetzung der „Köpfmaschine“ (55) betraut wurde, überwältigt war. Die nach Grundsätzen der Menschlichkeit und Vernunft eingeführte Tötungsart verkehrte sich spätestens dann in ihr Gegenteil, als während der Französischen Revolution die Guillotine „zum alltäglichen Instrument eines Revolutions‑Tribunals [wurde], das sich als alleiniger Vertreter einer ‚wahren revolutionären Rechtsprechung‘ stilisiert“ (58) hatte. Neben der Technisierung des Tötens beleuchtet Ortner auch andere Aspekte, etwa die Frage, wie man zu einem Henker wurde (und wird), welche gesellschaftliche Stellung der Henker hatte (und hat) und welche ökonomischen Überlegungen mit einer Tötungsart (Tötung durch elektrischen Stuhl etwa 30.000 US‑Dollar, Gaskammer bis zu 300.000 US‑Dollar) verbunden waren und sind. Schon zu Beginn macht Ortner deutlich, dass er ein rigoroser Gegner der Todesstrafe ist. Am Ende führt er aus, dass sich die beiden am häufigsten von Befürwortern vorgebrachten Argumente – Abschreckung und Vergeltung – genau besehen als nicht stichhaltig erweisen. Daher sollte die Todesstrafe abgeschafft werden.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.212.644.42 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Helmut Ortner: Das Buch vom Töten. Lüneburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36820-das-buch-vom-toeten_44896, veröffentlicht am 06.03.2014. Buch-Nr.: 44896 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken