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Roman Maria Koidl

WebAttack. Der Staat als Stalker. Ein Besinnungsaufsatz

München: Goldmann 2013; 143 S.; 8,99 €; ISBN 978-3-442-17473-7
Roman Maria Koidl warnt in seinem „Besinnungsaufsatz“ vor der allzu freiwilligen Aufgabe des individuellen Rechts auf Privatsphäre, dem seiner Meinung nach „kostbarsten Gut dieses Jahrhunderts“ (9). Technische Neuheiten mit dem „Versprechen von Unterhaltung, Lust oder Bequemlichkeit“ (55) verführten Nutzerinnen und Nutzer immer mehr, ihre persönlichen Dateien preiszugeben. Die Weiterentwicklung von Analysemethoden sorge dafür, dass durch die Auswertung dieser Daten immer genauere Aussagen über das persönliche Verhalten und die Vorlieben jedes Einzelnen getroffen werden könnten. Die Gefahr dessen sieht Koidl nicht allein darin, dass uns nur noch das angeboten wird, was angeblich perfekt auf uns zugeschnitten ist, sondern in den weiteren Konsequenzen: „Die Vorhersage wird zum maßgeblichen Kriterium für Entscheidungen unsere Person betreffend.“ (70) Potenzielle Arbeitgeber und Krankenkassen könnten sich so beispielsweise für die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen Erkrankungen interessieren. Und die Prognosen könnten genutzt werden, „um [Menschen] damit auf Basis von spieltheoretischen Modellen [zu] manipulieren“ (68). Koidl zeichnet die Grundzüge der digitalen Revolution und ihre Auswirkungen leicht verständlich nach. Leider fällt die Darstellung dadurch stellenweise nicht nur einfach, sondern auch vereinfacht aus, und bloße Behauptungen mit sarkastischem Tonfall stehen als Tatsachen da. Nichtsdestotrotz gelingt es Koidl überzeugend, bekanntere Begleiterscheinungen der Vernetzung (etwa Cybermobbing) wie neuere (zum Beispiel der Einsatz von RFID‑Chips beim großangelegten Datensammeln) als eine große Gefahrenzone aufleuchten zu lassen. Er appelliert an die Einsicht der Leserinnen und Leser, die Gutgläubigkeit aufzugeben und einen öffentlichen Diskurs anzustreben, der das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung ebenso selbstverständlich einfordert wie die Einhaltung anderer Menschenrechte. „Der Demokratie droht die Gefahr, zur Benutzeroberfläche einer ‚Gesellschafts‑App‘ zu verkommen, bei der niemand die Frage stellt, wer eigentlich die ‚Updates‘ der Grundrechte legitimiert hat, die von den Bürgern so spielerisch heruntergeladen werden.“ (107)
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.22 | 2.21 | 2.32 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Roman Maria Koidl: WebAttack. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36792-webattack_44844, veröffentlicht am 27.02.2014. Buch-Nr.: 44844 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken