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Egmont R. Koch

Lizenz zum Töten. Die Mordkommandos der Geheimdienste

Berlin: Aufbau-Verlag 2013; 408 S.; 22,99 €; ISBN 978-3-351-03546-4
Das Buch ist das Folgeprodukt eines WDR‑Fernsehfilms des Autors „über Israels ‚Lizenz zum Töten‘“ (14) und gehorcht immer noch den vielleicht für das Fernsehen gebotenen Dramaturgien, nicht aber den Regeln einer gründlichen, alle relevanten Facetten berücksichtigenden Thematisierung eines an sich beachtenswerten Phänomens – es geht um die Ermordung von (mutmaßlichen oder erwiesenen) Terroristen durch die Geheimdienste rechtsstaatlicher Demokratien. Israel steht im Mittelpunkt, ein weiteres Kapitel ist den US‑Geheimdiensten gewidmet. Die Zielgruppe ist unverkennbar ein breites, mit Blick auf das Thema eher uninformiertes Publikum, denn ein großer Teil der geschilderten Aktionen der US‑amerikanischen Geheimdienste und des Mossads sind mittlerweile schon in die Geschichtsbücher eingegangen und/oder wurden in den Medien ausführlich beschrieben. Der Drohnenkrieg, den die USA vor allem im Jemen und in Pakistan führen, wird dagegen nur kurz abgehandelt. Die von Koch geschilderten Geheimdienst‑ und Militäraktionen, denen immer wieder auch unschuldige Zivilisten zum Opfer gefallen sind, dürften vom Verlauf her an sich nicht strittig sein. Die eigentliche Frage aber, ob und mit welcher Berechtigung ein Rechtsstaat außerhalb seiner eigenen Grenzen Menschen gezielt töten darf, gerät im Verlauf der Darstellung leider immer wieder in den Hintergrund, zumal grundsätzliche Informationen über die Entscheidungswege fehlen. Mit Blick auf das Völkerrecht ist nur der Hinweis zu lesen, dass es keine Regeln für die Reaktion auf Terrorangriffe von außen vorhalte. Das Hauptproblem der gesamten Darstellung ist aber die verkürzte Sicht auf den Nahost‑Konflikt, Koch geraten die Positionen von Angreifern und Verteidigern ins Rutschen. Israels fragile Sicherheit als einziger Staat weltweit, der seit Jahrzehnten verbal und militärisch bedroht wird, wird nicht thematisiert. Unverhältnismäßig erscheint so immer nur das israelische Vorgehen, selbst wenn Koch es eindeutig als Reaktion auf einen palästinensischen Anschlag identifiziert. Ebenso tendenziös sind die Listen der getöteten Menschen im Anhang geraten: Während die Palästinenser, die sich meist der Hamas oder anderen extremistischen Organisationen eindeutig zuordnen lassen, namentlich und einzeln aufgeführt werden, werden die durch palästinensische Anschläge getöteten israelischen Zivilisten (!) nach Daten zusammengefasst. Hätte Koch aber sie ebenfalls einzeln aufgeführt – zum Beispiel die 21 Menschen, die am 1. Juni 2001 von der Hamas in Tel Aviv getötet wurden – wäre deutlicher geworden, wer gegen wen Krieg führt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.254.222.212.632.64 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Egmont R. Koch: Lizenz zum Töten. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36790-lizenz-zum-toeten_44717, veröffentlicht am 27.02.2014. Buch-Nr.: 44717 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken