Verbraucherdemokratie. Politische Soziologie der Konsumgesellschaft
Habilitationsschrift Jena. – Jörn Lamla setzt sich mit einem breiten Spektrum von Phänomenen der Politisierung des Konsums auseinander und entwirft eine politische Soziologie der Konsumgesellschaft, die sich analytisch an der übergreifenden Perspektive einer Verbraucherdemokratie orientiert. Darunter versteht er einen Prozess, „der auf die strukturellen Probleme und problematischen Entwicklungen der Konsumgesellschaft reagiert, diese öffentlich thematisiert und im Rahmen eines Gemeinwesens, das alle davon direkt und indirekt Betroffenen umfasst und angemessen zu repräsentieren beansprucht, einer kollektiven Lösung bzw. Korrektur zuzuführen versucht“ (39 f.). Sehr wohl ist sich Lamla bewusst, dass die Konsumgesellschaft – vorsichtig formuliert – einen außerordentlich unübersichtlichen Gegenstand darstellt, deshalb möchte er mit seiner Studie eine Systematisierung der relevanten Problemdimensionen liefern. Den normativen Bezugspunkt bildet die Unterscheidung von zwei auf ihre Erklärungskraft zu überprüfenden Interpretationen: die These der Postdemokratie als Zerfall demokratischer Öffentlichkeit einerseits und andererseits das an Latour, Strauss und Dewey anschließende Modell des demokratischen Experimentalismus, das die Vision eines offenen, von kollektiven Lernprozessen getragenen Akteur‑Netzwerkes entwirft. Ob sich auf empirischer Ebene Anhaltspunkte für die Herausbildung einer Verbraucherdemokratie finden lassen, untersucht er an einschlägigen publizistischen Diskursen, Konsumpraktiken, die auf das anspruchsvolle Modell des Comsumer Citizen bezogen werden könnten, den Verschränkungen von Konsum und Ökonomie im kulturellen Kapitalismus und den widersprüchlichen Ansätzen staatlicher Regulierungen des Verbrauchs. Der spezifische Reiz der Arbeit besteht darin, dass sich Lamla sehr detailliert auf die ambivalenten und defizienten Erscheinungen der Konsumgesellschaft einlässt, sich aber aus methodologischen wie theoretischen Erwägungen einer eindeutigen Bestätigung der konkurrierenden Interpretationsperspektiven enthält.