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Jakob Augstein

Sabotage. Warum wir uns zwischen Demokratie und Kapitalismus entscheiden müssen

München: Carl Hanser Verlag 2013; 300 S.; 18,90 €; ISBN 978-3-446-24348-4
Der Publizist Jakob Augstein fordert Widerstand und ein Aufbegehren gegen die ungerechten Zustände in unserer Gesellschaft. Denn soziale Ungerechtigkeiten durchziehen das Land, postdemokratische Verhältnisse (siehe Colin Crouch) drohen und Armutsberichte zeugen von einer Zunahme von Armut beziehungsweise armutsgefährdeten Gesellschaftsschichten. Augstein ruft in seinem – einem Pamphlet ähnlichen – Buch nach Gerechtigkeit, wobei es ihm um Verteilungsfragen und nicht um eine Umverteilung des Mangels geht. Der Staat müsse Ziele setzten, Regeln schaffen und Garantien geben. Augstein beklagt eine Krise der Institutionen und der Politik(er). Er ruft nach einer europäischen Wirtschafts‑ und Steuerpolitik und fordert, dass sowohl der Bundestag als auch das Europaparlament ihre Kernkompetenz zurückerlangen: das Haushaltsrecht. Politik dürfe nicht Technokraten überlassen, und es müsse einer Entdemokratisierung, hervorgerufen durch eine „Verschmelzung von staatlicher und unternehmerischer Macht“ (97), entschieden entgegengewirkt werden. Der Publizist plädiert nicht für eine Abschaffung der bestehenden (kapitalistischen) Ordnung, sondern für deren (radikale) Reform. Er wünscht sich die Rückgewinnung des Primats der Politik, dies gelinge nur, so argumentiert er in Anlehnung an Daniela Dahn, über die Selbstermächtigung der Bürger. Die Gesellschaft wehre sich jedoch trotz großer Unbehagen nur zaghaft, mit Bürgerprotesten oder Streiks – und dann sorgten sich alle (insbesondere Politiker und Medien) um die ‚Ordnung‘ oder ‚die Stabilität der Wirtschaft‘. Im abschließenden Kapitel „Sabotage“ diskutiert Augstein kritisch die Debatten um Protest und Widerstand, die in den 1960er‑ und 1970er‑Jahren ihren Höhepunkt hatten – und endet mit: „Politisch motivierte Gewalt ist in der demokratischen Auseinandersetzung immer eine graduelle Frage.“ (281) Jedoch müssten die „politischen Bewegungen […] den Versuch unternehmen, die bestehenden Regeln zu strapazieren und die Akzeptanz des Widerstandes zu erweitern“ (282). Denn Veränderungen könnten nur aus der Zivilgesellschaft heraus erwirkt werden – wie genau diese vonstatten gehen sollten, schreibt Augstein nicht.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.32.3332.352.3422.2 Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Jakob Augstein: Sabotage. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36723-sabotage_44479, veröffentlicht am 13.02.2014. Buch-Nr.: 44479 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken