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Nils Havemann

Samstags um halb 4. Die Geschichte der Fußballbundesliga

München: Siedler Verlag 2013; 671 S.; geb., 26,99 €; ISBN 978-3-8275-0006-9
Nils Havemann erstellt mittels einer fundierten chronologischen Darstellung der deutschen Fußballbundesliga eine interessante kulturwissenschaftliche Gesellschaftsanalyse. Da diese zudem auch thematisch gegliedert ist, gelingt es ihm, die Entwicklungen der Bundesliga mit der Geschichte des deutschen Staats zu verknüpfen. Beleuchtet werden unterschiedliche Phänomene im historischen Kontext, so etwa die Vorurteile des Bildungsbürgertums in den 1960er‑Jahren gegenüber dem schnell verdienten Geld und dem vermeintlich „unterbelichteten Spieler“ (109). Dabei greift Havemann im jeweiligen Themenbereich auf ältere wie aktuellere Beispiele zurück, um ein vollständiges Bild zu liefern. So belegt er häufig, dass Probleme, die gerade in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, oft schon lange vorher bestanden. Das Durchbrechen der chronologischen Darstellung macht es möglich, je nach Interesse auch nur einzelne Kapitel des Buches zu lesen und trotzdem umfassend informiert zu sein. In Havemanns „Versuch, die Bundesligahistorie mit kultur‑ und wirtschaftsgeschichtlichen Leitfragen zu verknüpfen“ (14), stehen der Umgang mit Geld und Kommerz, die Rolle des Deutschen Fußball‑Bundes (DFB) – für Havemann einer der „widerstandsfähigsten Verbände in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts“ (528) – und besonders die Anhänger im Vordergrund. Die starken Emotionen, die der Fußball in vielen Menschen weckt, entstammen dem Autor zu Folge der Entwicklung von Gemeinschafts‑ und Heimatgefühlen durch das Eingebundensein in die Fanszene und den Verein. Daraus ergeben sich für Havemann allerdings auch die offensichtlichsten Widersprüchlichkeiten, beispielsweise angesichts der von ihm analysierten Skandale in der Bundesliga wie die 1971 aufgedeckten Spielmanipulationen: So „gehört es zu den irritierendsten Eindrücken des Bundesligaskandals, dass sich der Frust vieler Fans an denjenigen entlud, welche die Betrüger bestraften“ (222). Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist auch das Kapitel über Fußball als Religion. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die Geschichte der Fußballbundesliga eine männliche Geschichte ist, bestätigt wird dies unter anderem schon durch das bloße Vorhandensein des Kapitels „Frauen und Fußball“ (352 ff.).
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.35 | 2.313 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Nils Havemann: Samstags um halb 4. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36691-samstags-um-halb-4_44107, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 44107 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken