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Birge Krondorfer / Hilde Grammel (Hrsg.)

Frauen-Fragen. 100 Jahre Bewegung, Reflexion, Vision

Wien: Promedia 2012; 383 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-85371-351-8
Anlässlich der sich 2011 zum hundertsten Mal jährenden Großdemonstration in Wien, bei der 20.000 Frauen und Männer für die Rechte von Frauen und eine geschlechtliche Gleichstellung kämpften, organisierte die Plattform 20000frauen erneut eine Demonstration. Sie war „die größte österreichweite Frauendemonstration seit 1945 mit geschätzten 10.000 bis 15.000 TeilnehmerInnen“. Der Sammelband nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, um „über historische, gesellschaftspolitische, soziale und symbolische Bedeutungen von Frauenbewegungen und Feminismen in Praxis und Theorie heute nachzudenken und paradigmatisch ein Plädoyer wider die Resignation in Krisenzeiten und wider die grassierende Entpolitisierung durch neoliberalistische Diskurse zu formulieren, sowie das eigene zeithistorische Eingebettetsein kritisch zu reflektieren“ (9). Petra Unger rekonstruiert in ihrem Beitrag den in seinem Ursprung nicht genau datierbaren, überaus heterogenen und spannungsvollen Weg der ersten Frauenbewegung in Österreich. Die sich in Vereinen und Komitees organisierenden Frauen ganz unterschiedlicher politischer und sozialer Herkunft hatten sehr divergierende Ansichten über die Wahl der Mittel beim Kampf um mehr Rechte: Während bürgerliche Frauen auf Petitionen und ihre Kontakte zu aufgeschlossenen, einflussreichen Männern setzten, versuchten Sozialdemokratinnen über Bildungsangebote aufzuklären und organisierten mit Streiks den Druck von der Straße. Die Errungenschaften der ersten Frauenbewegung (unter anderem 1919 Frauenwahlrecht, 1929 Gründung der Österreichischen Frauenpartei) wurden durch den Bürgerkrieg 1934, die Errichtung des Ständestaates und die Re‑Katholisierung der Gesellschaft zurückgenommen und Frauen in die Rolle als Gattin und Mutter zurückgedrängt. Christina Thürmer‑Rohr reflektiert in ihrem Aufsatz über die Ziele der ersten Feministinnen, die sich öffentlich Gehör verschaffen konnten und auf die strukturell diskriminierende Geschlechterpolitik hinwiesen. Auch wenn die heutige Generation eher distanziert auf die emanzipatorischen Positionen blicke, so ein Fazit, könnten die Forderungen, mit einer eigenen Stimme über Gewalt, den eigenen Anteil an der patriarchalen Ordnung und über eigene Veränderungsfähigkeiten zu sprechen, noch nicht als eingelöst gelten.
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Rubrizierung: 2.4 | 2.27 | 2.22 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Birge Krondorfer / Hilde Grammel (Hrsg.): Frauen-Fragen. Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36686-frauen-fragen_42812, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 42812 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken