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Enrico Zoffoli

Beyond Consensus. Public Reason and the Role of Convergence

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Studies in Political Theory 4); 249 S.; brosch., 46,- €; ISBN 978-3-8487-0506-1
Diss. TU Darmstadt; Begutachtung: P. Niesen, R. Forst, E. Ceva. – Die öffentliche Rechtfertigung politischer Entscheidungen gegenüber allen Betroffenen gilt mittlerweile innerhalb des „justificatory liberalism“ (13) als eine der zentralen Legitimitätsanforderungen. Die vorgebrachten Gründe für Zwangsgesetze werden häufig in ein Konzept der öffentlichen Vernunft eingebunden, demzufolge die Gründe von allen vom Gesetz Betroffenen teilbar sein müssen, damit diese sich weiterhin als Freie und Gleiche verstehen können. Die zentrale Frage ist dann, was teilbare Gründe sind. Auch wenn es Unterschiede im Detail gibt, stellt der Autor fest, dass prominente Philosophen wie Charles Larmore, Jürgen Habermas oder Rainer Forst die Ansicht vertreten, dass teilbare Gründe nur öffentliche Gründe sein können – im Gegensatz zu privaten Gründen, denen nicht alle zustimmen können. Enrico Zoffoli beschäftigt sich in der gesamten Arbeit nun damit, diese weit verbreitete Auffassung zu widerlegen. Dafür stellt er dieser Konsens‑Konzeption eine Konvergenz‑Konzeption gegenüber. Danach können unterschiedliche und auch private Gründe als Rechtfertigung für politische Entscheidungen angeführt werden, sodass Entscheidungen von unterschiedlichen Standpunkten aus gerechtfertigt werden können. Dieser Ansatz habe erstens den Vorteil, so der Autor, der Vielzahl an Meinungsverschiedenheiten in pluralistischen Gesellschaften gerecht zu werden, indem er diese nicht einfach wie die Konsens‑Konzeption ausklammere und von den Bürgern verlange, ihre tiefsitzenden Überzeugungen in politischen Fragen hinter sich zu lassen. Denn genau damit werde das Ideal, alle politischen Entscheidungen jedem Bürger gegenüber zu rechtfertigen, vernachlässigt. Als zweiten, gewichtigeren Einwand gegen die Konsens‑Konzeption führt Zoffoli an, dass die zugrundeliegende Behauptung falsch sei, es handele sich bei den öffentlichen Gründen um freistehende Gründe, also Gründe, die unabhängig von den privaten Gründen der Bürger seien. Zoffoli zeigt hingegen, dass auch private Gründe vernünftiger Bürger öffentliche Gründe übertrumpfen können, womit diese nicht mehr teilbar sein können. Da das Konsens‑Konzept folglich „paradoxical and self‑defeating“ (25) wird, liegt die Beweislast nun bei den dominanten Konsens‑Konzeptionen; sie müssten zeigen, dass sie trotz dieser Ausgangslage weiterhin plausibel sind. Im weiteren Verlauf der Dissertation entkräftet Zoffoli sowohl epistemische als auch moralische Argumente, die für die Konsens‑Konzeption sprechen sollen, und entwickelt die Konvergenz‑Konzeption weiter.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Enrico Zoffoli: Beyond Consensus. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36671-beyond-consensus_44769, veröffentlicht am 30.01.2014. Buch-Nr.: 44769 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken