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Hans-Joachim Schabedoth

Angela Merkel verwaltet – Deutschland verliert. Chronik und Bilanz schwarz-gelber Politik

Marburg: Schüren 2013; 199 S.; pb., 14,90 €; ISBN 978-3-89472-237-1
Hans‑Joachim Schabedoth zieht eine erste „Bilanz“ der zurückliegenden vier Jahre – die indes als Abstimmungshilfe gemeint war und bereits vor der Wahl erschienen ist. Die Vermutung könnte sich also aufdrängen, hier läge ein Schnellschuss vor. Dem ist aber nicht so, im Gegenteil. In einer detaillierten, monatlich gegliederten Chronologie des „Regierens“ listet Schabedoth akribisch bis – und das muss man dem Gewerkschafter wohl zugestehen – kritisch‑polemisch auf, welche „Unterhaltungsqualitäten“ (19) die bürgerliche Wunschkoalition zeigte. Dass in diesem Zusammenhang – allein für das Jahr 2010 – die Themen Klientelpolitik und spätrömische Dekadenz sowie die Personalien Guttenberg, Köhler, Koch und Wulff zur Sprache kommen, deutet schon an, wie es aus Sicht von Schabedoth um den Unterhaltungswert bestellt war: außerordentlich gut. Das indes gilt nicht für das Land: Die Wirtschafts‑ und Finanzkrise ist in vollem Gange, die Bankenrettung alternativlos und der Gewinn der Geldhäuser (und hier insbesondere der Deutschen Bank) so hoch wie nie. Was auseinanderzubrechen droht, ist die Gesellschaft selbst, die infolge neoliberaler, schwarz‑gelber Politik zunehmend um ihre Fundamente – Gerechtigkeit und Diskussion – gebracht wird. Merkel, so Schabedoth im Fazit seines Bandes, betreibe „eine neoliberale und rückwärts gewandte Politik“ (193), die einzig und allein auf Machterhalt und ökonomische Interessen fokussiert sei. Das müsse jedoch nicht so bleiben, die Bürger hätten am 22. September 2013 schließlich die Möglichkeit, eine andere Politik zu wählen. Hier bricht das Buch ab. Die Geschichte ist mittlerweile weiter und es sieht ganz so aus, als ob – lässt man das Ausscheiden der FDP aus dem Deutschen Bundestag einmal beiseite – das Misstrauen in die Regierungsfähigkeit Merkels nicht gar so üppig ausgeprägt war, wie Schabedoth das gehofft haben mag. Zu den Gründen für dieses Resultat gehört jenseits all der haarsträubenden Befunde über Schwarz‑Gelb noch ein ganz anderer Aspekt, der auch zur Bilanz dieser Regierung gehört: eine nennenswerte und programmatisch als distinkt wahrnehmbare Opposition hat weder statt‑ noch zusammengefunden. Trotzdem Schabedoth hier großzügig wegschaut – seine Bilanz der gewesenen Regierung bleibt dennoch überaus lesenswert.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.315 | 2.322 | 2.331 | 3.7 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Hans-Joachim Schabedoth: Angela Merkel verwaltet – Deutschland verliert. Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36557-angela-merkel-verwaltet--deutschland-verliert_44470, veröffentlicht am 02.01.2014. Buch-Nr.: 44470 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken