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Gérard Choplin / Alexandra Strickner / Aurélie Trouvé (Hrsg.)

Ernährungssouveränität. Für eine andere Agrar- und Lebensmittelpolitik in Europa. Übersetzung aus dem Französischen: Beatriz Graf. Bearbeitung und Aktualisierung der deutschen Version: Irimi Salzer und Alexandra Strickner

Wien: Mandelbaum Verlag 2011 ; 127 S.; 2. Aufl. ; brosch., 9,90 €; ISBN 978-3-85476-346-8
Angesichts der Tatsache, dass die EU (gemeinsam mit den Vereinigten Staaten) zu den größten Exporteuren landwirtschaftlicher Produkte zählt und sie gleichzeitig weltweit der größte Importeur von Nahrungsmitteln ist, hat die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) nicht nur in Europa Bedeutung, sondern für viele Menschen in der Welt. Ausgehend von dieser Feststellung wird die Geschichte und die Funktionsweise der GAP in diesem Sammelband kritisch betrachtet: Zu viele öffentliche Gelder fließen in die Hände von Großgrundbesitzern und an die exportorientierte Lebensmittelindustrie. Die fortschreitende Industrialisierung schade den Menschen in der EU, die Europäer essen immer mehr industriell hergestellte Nahrungsmittel, die große Mengen an Zucker und Fett enthalten. Über 40 Jahre lang sei die Produktion von Getreide, Fleisch, Milch und Zucker subventioniert worden, Obst und Gemüse hingegen kaum – mit der Folge, dass letztere Produkte relativ teuer seien. „Eine weitere ernährungspolitische Zeitbombe ist der immer noch massive Einsatz von Pestiziden.“ (17) Insgesamt führe die Summe der agrarpolitischen Maßnahmen zu erheblichen Kosten für das öffentliche Gesundheitswesen. Die Ernährungsmuster der Industrieländer wirkten sich negativ auf die Möglichkeiten der Menschen des globalen Südens aus, ebenso wie die Überproduktion in Europa. Da die Sinnhaftigkeit einer solchen Agrarpolitik schon seit längerer Zeit stärker bezweifelt wird, hat die 1993 gegründete internationale Bewegung von Kleinbauern und Landarbeitern Via Campesina ein Alternativkonzept zur derzeitigen Agrarpolitik der EU entwickelt, die „Ernährungssouveränität“: Sie „ist einerseits das Recht der Völker, Nationen und Staatengemeinschaften, ihre Ernährungs‑ und Agrarpolitik selbst zu bestimmen, und andererseits die Verpflichtung, die Landwirtschaft anderer Länder nicht zu beeinträchtigen“ (98). Dieser Ansatz orientiert sich an einem ökologisch und sozial nachhaltigen Landwirtschafts‑ und Lebensmittelsystem, das von einer bäuerlichen Landwirtschaft getragen wird. Ziel ist es, gesunde Lebensmittel für alle zu erzeugen und den Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, ein gerechtes Einkommen durch den Verkauf ihrer Produkte zu sichern. Das Buch resultiert aus einer gemeinsamen Arbeit von Mitgliedern und Sympathisanten mehrerer globalisierungskritischer Organisationen: der europäischen Koordination von Via Campesina, des europäischen Attac‑Netzwerkes und des österreichischen Agrarbündnisses. Es ist erstmals in Paris 2009 unter dem Titel „Souveraineté alimentaire – Que fait l’Europe“ erschienen.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.5 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Gérard Choplin / Alexandra Strickner / Aurélie Trouvé (Hrsg.): Ernährungssouveränität. Wien: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36509-ernaehrungssouveraenitaet_44526, veröffentlicht am 12.12.2013. Buch-Nr.: 44526 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken