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Benjamin Teutmeyer

Deutschland und die neue NATO. Eine politikwissenschaftliche Analyse und Bewertung der deutschen NATO-Politik seit 1990

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2012 (Schriften zur internationalen Politik 33); 395 S.; 98,- €; ISBN 978-3-8300-6494-7
Diss. Erlangen‑Nürnberg; Begutachtung: J. Varwick, T. Mayer. – Da die NATO und die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland seit dem Ende des Ost‑West‑Konfliktes einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen haben, fragt Benjamin Teutmeyer, ob Deutschland einen aus politikwissenschaftlich‑theoretischer Perspektive „angemessenen“ (29) Beitrag zur Transformation des Verteidigungsbündnisses geleistet hat. Die Kriterien für seine Analyse und Bewertung exzerpiert er aus den IB‑Theorien. Konkret zieht er das Konzept der Zentralmacht Europas von Hans‑Peter Schwarz sowie das der Zivilmacht von Hans‑Werner Maull heran und schneidet sie auf die Materie der NATO‑Transformation zu. Welche Instrumente hat die NATO seit 1990 entwickelt und welche Ziele verfolgt sie? Können diese Instrumente erfolgreich sein und hat die Bundesrepublik einen angemessenen Beitrag hierzu geleistet? Die materielle Überprüfung der deutschen NATO‑Politik seit 1990 erfolgt anhand ausgewählter Fallbeispiele. Im Bosnien‑Konflikt habe Deutschland den Anspruch an die Zentralmacht Europas mit seiner Politik verfehlt. Das Land habe sich ausschließlich reaktiv verhalten und vermieden, dezidierte Positionen zu beziehen – mit Ausnahme der Festlegung, keine Bodentruppen in die Konfliktregion zu entsenden. Zu den Luftoperationen habe die Bundesrepublik lediglich mittelbare Beiträge geleistet. Zwar beteiligten sich deutsche Soldaten erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik im Kosovo‑Konflikt „unmittelbar an eindeutigen Kriegshandlungen“ (335). Den Willen zu einer Teilnahme habe das Land zwar entwickelt, jedoch nicht die militärischen Kapazitäten aufgebaut, um diesen Willen umzusetzen, die der Führungsnotwendigkeit der Zentralmacht Europas entsprochen hätte. Teutmeyer gelangt zu dem Ergebnis, dass beide Konzepte eine aktiv‑gestaltende Rolle erforderten, die die Bundesrepublik jedoch nicht erfüllt habe: „Reaktive Politik, Passivität und teilweise auch Widerstand gegen die Entwicklung neuer Instrumente zeichneten die deutsche Politik überwiegend aus.“ (343) Der deutschen NATO‑Politik habe kein grundsätzlicher Gestaltungswille zugrunde gelegen. Zeitweilig habe die Bundesrepublik zur einseitigen Rollenwahrnehmung der Zivilmacht tendiert und die Funktion der Zentralmacht Europas vernachlässigt. Der Autor vermutet, dass das wiedervereinigte Deutschland weder für die transatlantische Sicherheitsorganisation noch für sich selbst zu einer klaren Rollendefinition gekommen ist.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.21 | 4.3 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Benjamin Teutmeyer: Deutschland und die neue NATO. Hamburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36506-deutschland-und-die-neue-nato_44502, veröffentlicht am 12.12.2013. Buch-Nr.: 44502 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken