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Hauke Brunkhorst

Legitimationskrisen. Verfassungsprobleme der Weltgesellschaft

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Studien zur Politischen Soziologie 18); 482 S.; brosch., 84,- €; ISBN 978-3-8329-7669-9
Kann die derzeit zu beobachtende und zukünftig zu erwartende Transformation der Demokratie sich heutzutage überhaupt noch selbst als demokratische Transformation vollziehen? Das ist eine der Hauptfragen, die sich durch dieses Buch ziehen. Denn die zunehmende Durchdringung von öffentlichen und privaten sowie von nationalen, trans‑ und supranationalen Gewalten kann derzeit, so Hauke Brunkhorst, kaum noch als demokratisch gelten. Die politischen Legitimationsprobleme, die in den 1960er‑ und 1970er‑Jahren noch durch den Wohlfahrtsstaat aufgefangen wurden, haben sich spätestens seit der ökonomischen Systemkrise zu einer politischen Legitimationskrise ausgeweitet, die „die Problemlösungskapazität der national organisierten Demokratie hoffnungslos überfordert“ (16). Eine konsequente Europäisierung und Globalisierung wäre daher wünschenswert, politisch jedoch wenig wahrscheinlich. Nun ist es nicht primäres Ziel des Autors, (normative) Entwürfe für eine neue Form der universellen Demokratie aufzuzeigen, möglich sei es aber, „etwas über die gesellschaftlichen Bedingungen zu sagen, die eine universelle Transformation der Demokratie befördern oder verhindern könnten“ (14). Die Kapitel des Buches sind bereits in früheren Veröffentlichungen erschienen und wurden für die Neuzusammenstellung teils leicht überarbeitet und aktualisiert. Ausgehend von Marx sowie von evolutionstheoretischen Ansätzen führt Brunkhorst aus, wie sich die demokratische Verfassung zunehmend vom Staat ablöst, während das Staatsrecht weiterhin der Ideologie des souveränen Nationalstaats anhängt. Die soziale Evolution des 20. Jahrhunderts, so wird in den folgenden Kapiteln weiter argumentiert, habe sich vor allem in der Form von Rechtsrevolutionen vollzogen. Dies gilt nicht zuletzt für die wirtschaftliche und politische Verfassung der Europäischen Union, was im letzten Drittel des Buches anhand mehrerer Fallstudien expliziert wird. Um vor diesem Hintergrund auf die Frage nach den Bedingungen für eine demokratische Transformation zurückzukommen, fällt die Antwort darauf implizit eher negativ aus. Denn, so wird deutlich, die starke ökonomische Schlagseite des europäischen Verfassungsrechts macht die politischen Akteure von Regierenden zu Regierten – die Rettung der Demokratie und damit auch Europas als Ganzes kann nur noch dann als reale Option erscheinen, wenn sich die europäischen Politiken auf ein solidarisches, nationalstaatliche Grenzen ignorierendes „Wir“ besinnen und zugleich erkennen, dass die Ohnmacht gegenüber der aktuellen Krise nicht auf ökonomischen Naturgesetzen, sondern auf der Fragmentierung nationaler Politiken beruht.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 3.1 | 4.1 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Hauke Brunkhorst: Legitimationskrisen. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36497-legitimationskrisen_43429, veröffentlicht am 12.12.2013. Buch-Nr.: 43429 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken