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Jens Kersten / Claudia Neu / Berthold Vogel

Demografie und Demokratie. Zur Politisierung des Wohlfahrtsstaates

Hamburg: Hamburger Edition 2012; 152 S.; geb., 12,- €; ISBN 978-3-86854-253-0
Auseinandersetzungen mit den Folgen der demografischen Entwicklung bilden mittlerweile ein Dauerthema der öffentlichen Debatte. Dabei sind Einzelfragen – also Auswirkungen der Überalterung der Gesellschaft auf Beschäftigungs‑ und Bildungssysteme, die soziale Sicherung und deren Finanzierung – intensiv behandelt worden, wobei die Herausforderungen teils dramatisiert, teils verharmlost werden. Gegenüber dieser Diskussion wollen Jens Kersten, Claudia Neu und Berthold Vogel eine explizit politische Perspektive geltend machen. Leitend ist für sie die Überzeugung, dass der demografische Strukturwandel Wohlstandskonflikte auslösen wird, die in hohem Maße auf noch ungelöste Fragen der Verteilung von Ressourcen und Chancen gesellschaftlicher Partizipation verweisen. Die Entwicklung bedroht – weil sie Generationen‑ und Familienbeziehungen, die Rolle von Alter und Bildung in der Arbeitswelt, sozialräumliche Relationen und Infrastrukturen verändert – das klassische Integrationsversprechen des demokratischen Wohlfahrtsstaats. Eine rationale Behandlung dieser Entwicklung erfordert deshalb, „die mit dem Bevölkerungsrückgang verbundenen Wohlstandskonflikte erstens sichtbar zu machen, zweitens anhand des wohlfahrtsstaatlichen Integrationsmodus zu bewerten und drittens demokratisch legitimiert zu gestalten“ (12). Zu einer derartigen Verständigung trägt die Studie in erster Linie durch kritische Fragen bei, für die die Autoren drei Bezugspunkte gewählt haben. Zunächst werden Implikationen für die Verfassungsstruktur diskutiert – das betrifft primär Aspekte einer generationen‑, gruppen‑ und raumbezogenen Beteiligung am politischen Prozess. Im zweiten Abschnitt werden angesichts der absehbaren demografisch bedingten Schrumpfung ganzer Teilräume die Herausforderungen einer angemessenen infrastrukturellen Versorgung thematisiert. Im dritten Abschnitt geht es schließlich um Gefährdungen der Wohlfahrtsstruktur, konkret um Tendenzen der Abwertung und Entprofessionalisierung des öffentlichen Dienstes und besonders der sozialen Dienstleistungen.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3 | 2.32 | 2.34 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Jens Kersten / Claudia Neu / Berthold Vogel: Demografie und Demokratie. Hamburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36317-demografie-und-demokratie_43047, veröffentlicht am 24.10.2013. Buch-Nr.: 43047 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken