In diesem kurzen Aufsatz geht Jean‑Luc Nancy verschiedenen Möglichkeiten nach, die Bedeutung von (Natur‑)Katastrophen für die Philosophie zu systematisieren. Der Untertitel „nach Fukushima“, offenbar eine Anspielung auf das berühmte Diktum Adornos über die Unmöglichkeit von Dichtung nach Auschwitz, gibt dem Leser bereits eine Vorahnung auf den spezifischen Ton, den der Autor in diesem Essay anschlägt. Nancy erzählt eine kleine, dunkle Geschichte der Philosophie, streift von der Havarie in Fukushima zur Bombe in Hiroshima, vom Erdbeben in Lissabon zur Pest von Bhopal, von Martin Heidegger zu Stanley Kubrick. Hintergrund seiner Überlegungen ist die Idee, alle großen Katastrophen unserer Moderne würden sich in einer bestimmten, aber erst noch zu entdeckenden Weise ähneln. Sie alle seien gekennzeichnet von einer überbordenden Komplexität und Reflexivität, die das menschliche Fassungsvermögen übersteige, gleichzeitig seien sie aber außerordentlich berechnet, rational und durchkalkuliert. Gerade deswegen gingen sie zunehmend über die einfache, lokale Gefährdung von bestimmten Existenzen hinaus und wandelten sich zur Bedrohung von jeglicher Existenz überhaupt. Gerade diese Ähnlichkeit, dieses scheinbar immer wiederkehrende Muster im Wechselspiel von Philosophie und Katastrophe sei das eigentliche Problem. „Diese Äquivalenz ist das Katastrophale“. (12) Sicherlich ist dieses Buch kein systematischer Teil in Nancys philosophischem Werk. Es handelt sich um einen Versuch im besten Sinn des Wortes – ein Versuch, der wiederkehrenden Ohnmacht der Menschen im Angesicht der Katastrophe Sinn abzugewinnen.