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Sebastian Friedrich / Patrick Schreiner (Hrsg.)

Nation – Ausgrenzung – Krise. Kritische Perspektiven auf Europa

Münster: edition assemblage 2013; 236 S.; brosch., 18,- €; ISBN 978-3-942885-36-2
„In Zeiten der in vielen europäischen Ländern wohl schärfsten Krise des Kapitalismus seit Jahrzehnten wird einmal mehr deutlich, dass Nationalismus und Ausgrenzung von Neoliberalismus und Kapitalismus nicht zu trennen sind.“ (8) Vor diesem Hintergrund haben die Herausgeber Aufsätze zum nationalistischen Denken, zu Rassismus und Ausgrenzung versammelt. Im ersten der beiden Abschnitte, in die das Buch unterteilt ist, wird ein Zusammenhang zwischen dem Neoliberalismus und den konstatierten Problemen hergestellt. So führten Erfolgsdruck und Leistungsdenken gemeinsam mit dem Abbau des Wohlfahrtstaates zur Ausgrenzung, Stigmatisierung und Verelendung der Schwächsten und zu steigender Entsolidarisierung, wie Christoph Butterwege hervorhebt. Die Austeritätspolitik wird dabei als Wegbereiter des Neoliberalismus gewertet. Im umfangreichen zweiten Abschnitt schließen sich Analysen über die Lage in verschiedenen Ländern an. Hier wird neben Griechenland, Deutschland und Spanien die Situation in Ländern dargestellt, die sonst nur am Rande behandelt werden, so Weißrussland, Russland, die Niederlande oder die Türkei. Unverständlich bleibt jedoch, wieso trotz der teilweise sehr detaillierten Analysen Staaten wie Frankreich oder Portugal nur zum Schluss in wenigen Absätzen behandelt werden – sind diese doch eindeutig von der Krise gekennzeichnet. Die im Untertitel angekündigten kritischen Perspektiven auf Europa sind im Buch zwar durchweg zu finden, auch sind die Problemanalysen treffend. Jedoch fällt der Großteil der teilweise schwer lesbaren Aufsätze bei aller berechtigten Kritik in das immer gleiche Schwarz‑Weiß‑Muster zurück: Schuld an der gegenwärtigen Krise und der steigenden Ausgrenzung ist allein der Kapitalismus in Form des Neoliberalismus. Widersprüche werden dabei als Ausnahme von der Regel definiert oder so umgedeutet, dass diese trotz allem die aufgestellten Hypothesen erfüllen können. Wichtige Erklärungsfaktoren wie beispielsweise die Zusammenhänge zwischen Rassismus und Bildung finden sich hingegen nicht. Es werden keine möglichen Handlungsalternativen aufgezeigt, stattdessen wird explizit wie implizit bedauert, dass es keine sozialistische Alternative oder gar Utopie gebe. „Ohne eine linke Alternative, die an den unmittelbaren Bedürfnissen jener Bevölkerungsgruppen anknüpft, die gegenwärtig unter der neoliberalen Austeritätspolitik zu leiden haben, wird ein politischer Rechtsruck kaum zu stoppen sein.“ (40) Insgesamt ist der Sammelband so ideologisch aufgeladen, dass er nur begrenzte Erkenntnisse ermöglicht.
Fabrice Gireaud (FGI)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand und wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie, Universität Vechta.
Rubrizierung: 2.23 | 2.22 | 2.23 | 2.35 | 2.61 | 2.62 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Sebastian Friedrich / Patrick Schreiner (Hrsg.): Nation – Ausgrenzung – Krise. Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36150-nation--ausgrenzung--krise_44257, veröffentlicht am 05.09.2013. Buch-Nr.: 44257 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken