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Andrea Fischer-Hotzel

Vetospieler in territorialen Verfassungsreformen. Britische Devolution und französische Dezentralisierung im Vergleich

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Vergleichende Politikwissenschaft 2); 163 S.; brosch., 29,- €; ISBN 978-3-8487-0021-9
Politikwiss. Diss. Darmstadt; Begutachtung: A. Benz. – Andrea Fischer‑Hotzel untersucht in ihrer Studie, die im Rahmen des Projekts „Muster der Verfassungsreform von föderalen Strukturen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft entstand, Devolution und Décentralisation in Großbritannien und Frankreich. Sie fragt dabei grundsätzlich, wieso die Ergebnisse dezentraler Reformen von den ursprünglichen Präferenzen der Akteure abweichen und damit zu „unerwarteten Ergebnissen“ (22) führen können. Die Autorin überprüft die Hypothese mittels einer differenzierten Fallanalyse der französischen Dezentralisierung von 2002 bis 2004 und der schottischen und walisischen Devolution, wobei sie sich analytisch auf den von George Tsebelis entwickelten Ansatz der Vetospielertheorie stützt und diesen variiert. In Schottland begann dieser Prozess bereits Ende der 1980er‑Jahre als Reaktion auf die Zentralisierungspolitik Margaret Thatchers. Die devolutionsfreundliche Scottish Labour Party nahm dabei die Rolle des einzigen Vetospielers ein, der sich schon früh zur Kooperation mit anderen schottischen Akteuren entschied. Die 1987 gegründete Scottish Constitutional Convention war die zentrale Handlungsarena. Sie band sowohl Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften als auch Akteure der organisierten Zivilgesellschaft ein und bot diesen weitreichende Beteiligungsmöglichkeiten. Der Reformprozess führte – wie die Autorin zeigt – zu unerwarteten Ergebnissen in Fragen des Wahlrechts, der Bestandsgarantie des schottischen Parlaments, der Frauenförderung und des Kommunalrechts, die zum Teil deutlich von den ursprünglichen Labour‑Präferenzen abwichen. Ein Ergebnis ihrer Studie ist, dass der schottische Devolutionsprozess nur bedingt auf den walisischen und französischen Fall übertragbar ist. In Frankreich spielten die Parteien keine Rolle, in Wales hingegen waren die Beteiligungsmöglichkeiten der zivilgesellschaftlichen Akteure nur begrenzt vorhanden. Folgerichtig stellt Fischer‑Hotzel fest, dass das von ihr entwickelte Modell ein nützliches Analyseinstrument darstellt, jedoch die „thematisch‑institutionell bedingten Eigendynamiken“ (140) der jeweiligen Verfassungssysteme als weitere Analysekategorie hinzutreten müssen.
Fabrice Gireaud (FGI)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand und wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie, Universität Vechta.
Rubrizierung: 2.212.322.61 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Andrea Fischer-Hotzel: Vetospieler in territorialen Verfassungsreformen. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36066-vetospieler-in-territorialen-verfassungsreformen_44005, veröffentlicht am 15.08.2013. Buch-Nr.: 44005 Rezension drucken