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Stefanie Waske

Nach Lektüre vernichten! Der geheime Nachrichtendienst von CDU und CSU im Kalten Krieg

München: Carl Hanser Verlag 2013; 303 S.; geb., 19,90 €; ISBN 978-3-446-24144-2
Was macht eine Partei, die nach zwanzigjähriger Regierungszeit von den Hebeln der Macht abgeschnitten wird, weil sie im Parlament nicht mehr die Mehrheit hat? Insbesondere: Wie reagiert sie, wenn sie nicht mehr über ihre Ministerien auf nachrichtendienstliche Informationen zugreifen kann, weil die Dienste nun einmal der Exekutive und nicht dem Parlament zuarbeiten? Im Fall der CDU/CSU, die 1969 ihre Regierungsämter an die SPD/FDP‑Koalition verliert, lautet die Antwort: Die Partei gründet selbst einen Nachrichtendienst, der die Partei exklusiv mit Informationen versorgt. Wie Stefanie Waske in ihrem Buch zeigt, waren zwei Gründe dafür ausschlaggebend: Einerseits wünschten sich die Außen‑ und Sicherheitspolitiker, allen voran der CSU‑Mann Karl Theodor zu Guttenberg, eine unabhängige Grundlage für ihre Entscheidungen. Andererseits, damit zusammenhängend, zweifelten die christdemokratischen Schwesterparteien an der internationalen Verlässlichkeit einer sozialdemokratisch geführten Regierung. Waske führt auf, wie der private Nachrichtendienst um ehemalige BND‑Mitarbeiter aufgebaut und wie er finanziert wurde. An einigen Beispielen skizziert sie, mit welchen Informationen die CDU/CSU ausgestattet wurde. Neben vielen interessanten Details bietet die Autorin mit dem Band einen Einblick in die politische Kultur der 1970er‑Jahre und das tiefe Misstrauen, das die Christdemokraten der Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel entgegenbrachten. In der zweiten Hälfte der 1970er‑Jahre verlagerte sich das Interesse des privaten Dienstes auf den Kampf gegen den Kommunismus. Die Arbeit ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr die Politikwissenschaft von akribischer archivalischer Arbeit profitieren kann. Auffällig ist aber auch, dass Waske überwiegend im nüchternen Berichtston bleibt und sich bei der Einordnung und demokratietheoretischen Bewertung ihrer Ergebnisse weitgehend zurückhält.
Wilhelm Knelangen (WK)
Dr., wiss. Ass., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.313 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Stefanie Waske: Nach Lektüre vernichten! München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36001-nach-lektuere-vernichten_43611, veröffentlicht am 25.07.2013. Buch-Nr.: 43611 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken