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Ulrich Weisser

Strategie als Berufung. Erinnerungen und Gedanken eines Offiziers an der Nahtstelle zur Politik

Bonn: Bouvier Verlag 2011; 295 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-416-03325-1
Der im April 2013 verstorbene Ulrich Weisser legte 2011 mit diesem Buch seine autobiografischen Erinnerungen vor, die mehr enthalten als „nur“ die Schilderung eines individuellen Lebens. Der während des Zweiten Weltkrieges in Ostfriesland geborene Weisser war unter anderem Vizeadmiral der Marine, hatte wichtige Funktionen innerhalb der NATO inne, leitete den Planungsstab des Verteidigungsministers und hat durch diese Ämter die Geschichte der Bundeswehr – und damit auch der Bundesrepublik – mitgeprägt. So war Weisser beispielsweise am NATO‑Doppelbeschluss, an der Öffnung der NATO nach Osten, an der Entwicklung der Bundeswehr zu einer Armee der Einheit und ihrer strategischen Ausrichtung auf neue Aufgaben maßgeblich beteiligt. Neben den detaillierten Schilderungen dieser Entwicklungen macht Weissers Lebensgeschichte fast schon prototypisch deutlich, wie stark politische Projekte mit persönlichen Beziehungen verwoben sind. Politische Pläne und Karrieren werden nicht nur in öffentlichen Arenen und am Verhandlungstisch, sondern mittels strategischer Überlegungen, günstiger Umstände und persönlicher Verbindungen vorangetrieben. So entstand beispielsweise das enge Vertrauensverhältnis zwischen Weisser und Volker Rühe (Bundesminister der Verteidigung 1992‑1998) auch aufgrund von „einigen äußerst negativen Anfangserfahrungen […] im Ministerium“, woraufhin Rühe „misstrauisch geworden [war], ob das Haus ihm loyal und sachgerecht zuarbeitete; er verließ sich mehr und mehr auf mich und unser akribisches Bemühen, Fehler in der Arbeit des Hauses aufzudecken“ (129). Anders als es Weissers Autobiografie erwarten lassen würde, enthält das Buch neben der politisch‑historischen Dimension auch Bewertungen der Lage im 21. Jahrhundert, die beispielsweise die grundsätzliche Situation des Transatlantikbündnisses und Afghanistans, aber auch die Entscheidungen der Bundeskanzlerin betreffen: Volker Rühe konnte „durchsetzungsfähig deutsche Interessen vertreten und dafür Mehrheiten bilden […] – einfach undenkbar, dass die Republik einmal auf die Fähigkeiten dieses Mannes verzichten würde – ein Verlust für die deutsche Politik, den Angela Merkel zu verantworten hat – wie so vieles“ (208).
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.3 | 2.313 | 2.315 | 4.21 | 4.22 | 2.64 | 2.63 | 2.324 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Ulrich Weisser: Strategie als Berufung. Bonn: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35980-strategie-als-berufung_40195, veröffentlicht am 17.07.2013. Buch-Nr.: 40195 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken