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Andreas Wagner (Hrsg.)

Am leeren Ort der Macht. Das Staats- und Politikverständnis Claude Leforts

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Staatsverständnisse 54); 234 S.; brosch., 29,- €; ISBN 978-3-8487-0218-3
Das Selbstverständnis des französischen Philosophen Claude Lefort (1924‑2010), als öffentlicher Intellektueller zu wirken, streitbar zu sein sowie im Schreiben Positionen zu beziehen, prägt auch die Intention des Autorenteams, sein politisches Denken nachzuzeichnen. Sie richten ihr Augenmerk auf vier Themenkomplexe, die das theoretische Werk erschließen und für die Leser auch in einführender Perspektive zugänglich machen sollen. Dabei eröffnet die im ersten Teil angestrebte Suche nach den anthropologischen Wurzeln des Politischen bei Lefort eine Beziehung zu anderen Denkern wie dem Soziologen Marcel Mauss oder dem Ethnologen Pierre Clastres ebenso, wie seine ideenhistorischen Anleihen etwa bei Machiavelli begründet werden. Linien und Brüche seines Denkens vom Totalitarismus und den modernen Ideologien, vom Marxismus bis zur Demokratie, scheinen in dieser Lesart auf eine zivilgesellschaftliche Theorie hinauszulaufen, die Pluralität und Konfliktualität der Gesellschaft als ihre Bestimmungsgründe offenbart. Im zweiten und dritten Teil wird das Verhältnis von Zivilgesellschaft und Staat anhand der Schlagworte vom leeren Ort der Macht und der Differenz in der Demokratie untermauert. Die modernen Gesellschaften bestehen nach Lefort aus einer Vielzahl von Körpern und Meinungen, die in einem Konfliktverhältnis miteinander ringen, ohne endgültige Prinzipien oder eine einzige Entscheidungs‑ oder Repräsentationsinstanz herausbilden zu können. Diese Entwicklung beruht auf einer gesellschaftlichen Selbstbefreiung des Individuums, das in seinem Bewusstsein die politische Macht als „Raum des Symbolischen“ (93), als „Austragungsort oder Bühne“ (94) erkennt. Im vierten Komplex wird Lefort Kollegen und Schülern zugeordnet, die seine Ideen im Sinne einer radikalen Demokratie weiterentwickeln. Die Autoren reflektieren insgesamt eine spezifische Arbeitsweise Leforts, mithilfe von Texten als „Ressourcen der systematischen Konstruktion einer Theorie“ (39) konkret und abstrakt zu arbeiten. Literatur und Ästhetik, Philosophie und Geschichte formulieren so eine eigene Denkart des Politischen.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.46 | 5.41 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Andreas Wagner (Hrsg.): Am leeren Ort der Macht. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35956-am-leeren-ort-der-macht_44096, veröffentlicht am 17.07.2013. Buch-Nr.: 44096 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken