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Jürgen Hartmann

Russland. Einführung in das politische System und Vergleich mit den postsowjetischen Staaten

Wiesbaden: Springer VS 2013; 283 S.; brosch., 24,95 €; ISBN 978-3-658-00174-2
Anstelle der Bewertung Russlands „mit der grellen Leuchtreklame einer empirischen Demokratieforschung“ (10) möchte Jürgen Hartmann eine differenziertere Darstellung und Wertung des politischen Systems dieses Landes vornehmen. Grundlage dafür bildet zunächst ein Parforceritt durch die russische Geschichte seit dem Mittelalter, der nicht immer auf der aktuellen historischen Forschungsliteratur basiert. Darauf folgt die Vorstellung von Aspekten der politischen Kultur und politischer Akteure sowie der konstitutionellen Strukturen. Hartmann knüpft in seiner Analyse an Arbeiten zur Pfadabhängigkeit an, die eher aus dem Bereich der Autokratie‑ denn der Demokratieforschung stammen (siehe auch Buch‑Nr. 42709). Entsprechend plädiert er dafür, als Vergleichsmaßstab zur demokratischen Qualität des Landes eher die anderen postsowjetischen Staaten heranzuziehen, was im zweiten, kürzeren Teil der Arbeit dann auch geschieht. Ein Vergleich mit den westlichen Staaten könne nur negativ ausfallen, weswegen er analytisch wenig fruchtbar erscheine und die gerade einmal zwanzigjährige „Demokratie‑Tradition“ des Landes verkenne. Vorsichtige Versuche einer Parlamentarisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts seien nach der langen sowjetischen Periode im kollektiven Gedächtnis nicht mehr präsent, an sie könne daher nicht angeknüpft werden. Hartmann ordnet Russland durchaus als europäisches Land ein, dessen „europäische Identität“ gleichwohl „Besonderheiten auf[weise]“ (15). Als Beispiel nennt er das Übergewicht der staatlichen Macht gegenüber dem Recht, das oft nur als „Mittel zum Zweck“ (14) und „Instrument in den Händen der Mächtigen“ (263) diene. Dazu kämen eine weitgehende gesellschaftliche Passivität, die Behinderung von Parteienwettbewerb und eine erhebliche staatliche Lenkung der Medienlandschaft. Gerade im Vergleich zu den zentralasiatischen Autokratien gelte es aber zu konstatieren, dass „allmählich liberale und demokratische Werte und Institutionen Fuß [fassten]“ (262).
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.62 | 2.61 | 2.68 | 2.1 | 2.2 | 2.21 | 2.23 | 2.25 | 4.1 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Jürgen Hartmann: Russland. Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35884-russland_43938, veröffentlicht am 27.06.2013. Buch-Nr.: 43938 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken