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Felix Ekardt (Hrsg.)

Klimagerechtigkeit. Ethische, rechtliche, ökonomische und transdisziplinäre Zugänge

Marburg: Metropolis-Verlag 2012 (Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsforschung 2); 299 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-89518-901-2
Felix Ekardt legt mit diesem Band eine sehr gelungene Erschließung geisteswissenschaftlicher Zugänge zur gegenwärtigen Klimadebatte vor. In seinem einleitenden Beitrag erläutert er eine normative Vorstellung von Klimagerechtigkeit jenseits einer rein ökonomischen Betrachtung. Anstelle eines Kosten‑Nutzen‑Kalküls geht seine Vorstellung nachhaltiger Klimapolitik von der Idee der gleichen Freiheit aller Menschen aus. Hieraus leitet Ekardt eine politische Strategie ab, die auf dem Menschen eher als auf dem Unternehmen, darüber hinaus auf Freiwilligkeit und Selbstregulierung gründen soll. Der hierbei häufig auftretende Einwand, man könne von den gegenwärtig lebenden Menschen doch kaum erwarten, dass sie sich mit Blick auf die Lebenschancen einer abstrakten zukünftigen Gesellschaft in ihrer eigenen Lebensführung einschränken, erfährt im Beitrag von Matthias Möhring‑Hesse eine eingehende Analyse. Er zeigt, dass das Konzept der Generationengerechtigkeit geschickt Ansprüche an gegenwärtig lebende Menschen formuliert, die es mit einer nicht näher bestimmten, willkürlichen Gruppe künftig lebender Menschen und deren – möglicherweise – eingeschränkteren Möglichkeiten begründet. Dennoch kann Generationengerechtigkeit als eine Variante von Gegenwartskritik verstanden werden, nämlich insofern als der Rekurs auf ihre Behauptung ein Indikator dafür ist, dass gegenwärtige Verhaltensweisen – und damit gegebenenfalls auch deren Korrektur – in ihrer vollen Konsequenz von den Betroffenen noch gar nicht hinreichend verstanden werden. Daraus resultiert wiederum ein Aufruf nicht nur an die Politik, sondern an alle Menschen als mündige Bürger, gegenwärtige Praktiken hinsichtlich ihrer inhärenten Konsequenzen zu reflektieren und etwaige Alternativen besser als bislang zu begründen – eine Renaissance politischer (Selbst‑)Aufklärung, sozusagen. Diese beiden Beiträge mögen genügen, um anzudeuten, dass der Band zum Themenfeld Nachhaltigkeit und Klimapolitik spannende neue Perspektiven eröffnet und in der vorherrschenden Literatur noch viel zu wenig beachtete Ansätze erschließt. Gut 25 Jahre nach dem Bericht der Brundtland‑Kommission und einem nicht wirklich durchschlagenden Erfolg der bereits 1987 eingeforderten Änderungen im globalen Umgang mit dem Leben auf diesem Planeten kommt der Band in der Tat kein Jahr zu früh.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.24.452.2615.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Felix Ekardt (Hrsg.): Klimagerechtigkeit. Marburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35741-klimagerechtigkeit_43308, veröffentlicht am 28.02.2013. Buch-Nr.: 43308 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken