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Michael Spieker

Konkrete Menschenwürde. Über Idee, Schutz und Bildung menschlicher Würde

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2012 (Tutzinger Schriften zur politischen Bildung 7); 190 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-89974816-1
Michael Spieker widmet sich dem Begriff Menschenwürde und fragt: „Droht nicht eine zunehmende Entleerung dieses hehren Begriffs, wenn man in Fragen von Leben und Tod gleichermaßen wie in Fragen des Datenschutzes oder der Sozialstaatlichkeit auf ihn rekurriert?“ (5) Ihm geht es um eine Konkretisierung des Terminus, nicht als abstrakte Eigenschaft, sondern als „spezifische ‚Handlung‘ [...], die grundlegend für das menschliche Selbstverständnis ist“ (5 f.). Der Autor rekapituliert: „Während die römische Gesellschaftsordnung dignitas als verdienstabhängige Würde herausragender Personen ansehe, denke die Stoa erstmals die gleiche Würde aller Menschen“ (9). Für die Gegenwart sei dies relevanter als mittelalterliches Denken, wonach die Würde der Ebenbildlichkeit zu Gott geschuldet sei, aber hinter der Erbsünde zurückstehe. Der Humanist Pico della Mirandola begründe die Würde des Menschen damit, dass dieser Bildner und Schöpfer seiner selbst sei. Kant rekurriere zur Begründung auf die moralische Autonomie des Menschen, während Nietzsche Menschenwürde als „Begriffs‑Halluzination“ abtue. Auf die philosophische Auseinandersetzung folgt im 20. Jahrhundert die Festschreibung; so ist in der Charta der Vereinten Nationen vom „Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Person“ die Rede. Artikel 1 des Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ – hat wiederum Eingang in Artikel 1 der Charta der Grundrechte der EU gefunden. Spieker setzt sich auch mit den Folgen eines konkreten Würdebegriffs auseinander und schreibt im Hinblick auf die Bioethik: „Die […] Einrichtung der Patientenverfügung vermittelt [...] ein unvollständiges Bild der Probleme des Lebensendes und steht im Kontrast zur mangelnden Wertschätzung von Pflege und Pflegepersonal sowie zum schleppenden Ausbau von Palliativ‑ und Hospizmedizin“ (152). In Bezug auf Sozialstaatlichkeit zeige sich folgender Missstand: „Wo die Wohlstandsdifferenz hoch ist, werden die Interessen der wenigen Wohlhabenden gegenüber den Interessen der Mehrheit dominieren“ (158). Spieker verweist zuletzt auf die Relevanz politischer Bildung als durch die Würde des Menschen begründetes zentrales Recht.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.1 | 5.31 | 5.32 | 5.33 | 5.44 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Michael Spieker: Konkrete Menschenwürde. Schwalbach/Ts.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35719-konkrete-menschenwuerde_43134, veröffentlicht am 07.03.2013. Buch-Nr.: 43134 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken