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Holger Politt (Hrsg.)

Rosa Luxemburg. Nationalitätenfrage und Autonomie. Übersetzt von Holger Politt

Berlin: Karl Dietz Verlag 2012; 302 S.; brosch., 24,90 €; ISBN 978-3-320-02274-7
Rosa Luxemburg gehört nach wie vor zu den umstrittensten Denkern des frühen 20. Jahrhunderts. Zu ihren weniger bekannten Schriften gehören dabei jene, in denen sie sich mit Nationalitätenfragen beschäftigt. Anders als Lenin, der das Selbstbestimmungsrecht der Völker propagierte, entwickelte sie darin ein Territorialprinzip, das der Bildung ethnischer Flickenteppiche Einhalt gebieten sollte, denn während die Reaktion aus dem (dem Lenin’schen Diktum folgenden) Partikularismus Kraft schöpfte, verbanden sich mit Zentralisation für sie Demokratie und Fortschritt. Neben dem Vorwort Holger Politts über Rosa Luxemburgs „Krakauer Horizont“ versammelt der Band sechs Aufsätze, die unter anderem dem Selbstbestimmungsrecht der Nation, dem Verhältnis zwischen Nationalstaat und Proletariat, der Zentralisation und der Selbstverwaltung sowie der Autonomie des Königreichs Polen gewidmet sind. Ihre historische Bedeutung erlangen diese in der Auseinandersetzung mit Lenin, was den Herausgeber dazu veranlasst, dessen Reaktionen auf Luxemburgs Texte in einem eigenen Kapitel zu versammeln, wobei diese verdeutlichen, dass der (innerparteiliche) Kampf um den „richtigen“ Weg zur Revolution unerbittlich und in aller Entschiedenheit geführt wurde. Dabei gerät jedoch allzu leicht aus dem Blick, dass beide – sowohl Lenin, der als rechthaberischer Doktrinär, als auch Luxemburg, die als differenzierende Denkerin in Erscheinung tritt – das Ziel des gewaltsamen Umsturzes nie aus den Augen verloren. Politt liefert damit einen wichtigen ideengeschichtlichen Beitrag zur Entwicklung der sozialistischen Bewegung – mit „Nationalitätenfrage und Autonomie“ liegt nun nicht nur eine Schlüsselschrift erstmals komplett in deutscher Sprache vor, sondern mit der getroffenen Auswahl sind zugleich Schriftstücke wieder zugänglich gemacht worden, die zum Großteil nach der Erstveröffentlichung niemals wieder aufgelegt wurden, die aber zugleich für die Rekonstruktion der historischen Debatten von entscheidender Bedeutung sind.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.41 | 5.46 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Holger Politt (Hrsg.): Rosa Luxemburg. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35657-rosa-luxemburg_43043, veröffentlicht am 03.01.2013. Buch-Nr.: 43043 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken