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Philipp B. Bocks

Mehr Demokratie gewagt? Das Hochschulrahmengesetz und die sozial-liberale Reformpolitik 1969-1976

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2012 (Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Reihe: Politik und Gesellschaftsgeschichte 94); 301 S.; hardc., 38,- €; ISBN 978-3-8012-4212-1
Diss. Bonn; Begutachtung: M. Schneider. – Die heute wieder vielerorts erhobenen Forderungen nach einer Demokratisierung der Universitäten sind vor allem aus der Studentenbewegung Ende der 1960er‑Jahre, die häufig mit dem Anspruch einer Demokratisierung aller Gesellschaftsbereiche einherging, bekannt. Philipp B. Bocks fragt, inwieweit diese Forderung nach einer Demokratisierung der Hochschullandschaft in Deutschland, die ja bekanntlich in dem Ausspruch „Mehr Demokratie wagen“ von Willy Brandt ihr Äquivalent auf parteipolitischer Ebene fand, von der sozialliberalen Koalition zwischen 1969 und 1976 umgesetzt wurde. Um die Erfolge und Grenzen der Demokratisierung in dem Politikfeld der Bildungs‑ und Wissenschaftspolitik einzuschätzen, konzentriert sich der Autor auf das Hochschulrahmengesetz (HRG). Dabei geht er so vor, dass er zunächst die divergierenden Vorstellungen der hochschulinternen und auch der hochschulexternen Interessengruppen sowie die unterschiedlichen Positionierungen der SPD, CDU und FDP bis zum Auftakt zum HRG 1969 darstellt. Die Meinungen reichten Bocks zufolge von einem Abbau von Zugangsbarrieren über eine paritätische oder funktionsgerechte Mitbestimmung bis hin zu einer formalen Demokratisierung, bei der jedes Hochschulmitglied unabhängig von seiner Funktion nur eine Stimme besitzt. Bocks arbeitet detailliert heraus, wie sich die Positionen der unterschiedlichen Akteure mit der Zeit verändert haben, wobei unter Willy Brandt die verschiedenen Interessengruppen an dem Gesetzgebungsprozess hätten mitwirken dürfen, während Helmut Schmidt dies verhindert habe. Bevorzugte die SPD jedoch zunächst noch eine paritätische Lösung, so habe sie durch das Angewiesensein auf die Stimmen der Opposition wie auch durch ein Bundesverfassungsgerichtsurteil am Ende einer funktionsgerechten Mitbestimmung beipflichten müssen, bei der der Gruppe der Professoren in fast allen Gremien eine absolute Mehrheit in Fragen der Lehre, Forschung und Berufung garantiert wurde. Deshalb hat sich nach Meinung des Autors letztlich die CDU mit ihrer Position durchgesetzt. Die Rolle der Studentenbewegung schätzt der Autor dagegen als bloßen Katalysator ein, einen großen Einfluss auf die Koalition habe sie nicht gehabt. Trotz des Scheiterns der SPD‑Position kommt Bocks am Ende zu dem Schluss, dass mehr Demokratie mit dem HRG gewagt wurde, da die Partizipationsmöglichkeiten für Studierende ausgeweitet worden seien. Dies könne letztlich auch als ein Erfolg der SPD gewertet werden, denn die CDU sei hierzu anfangs nicht bereit gewesen.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.313 | 2.343 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Philipp B. Bocks: Mehr Demokratie gewagt? Bonn: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35635-mehr-demokratie-gewagt_43009, veröffentlicht am 13.02.2013. Buch-Nr.: 43009 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken