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Alexander Gallus

Heimat "Weltbühne" Eine Intellektuellengeschichte im 20. Jahrhundert

Göttingen: Wallstein Verlag 2012 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte 50); 421 S.; geb., 34,90 €; ISBN 978-3-8353-1117-6
Habilitationsschrift TU Chemnitz; Begutachtung: E. Jesse, F.-L. Kroll, W. Müller. – „Die Weltbühne“ war eine der wichtigsten Zeitschriften der linksintellektuellen Szene der Weimarer Republik. Die Forschung dazu befasste sich überwiegend mit deren beiden Zentralgestalten Carl von Ossietzky und Kurt Tucholsky. Im Mittelpunkt der Analyse von Gallus stehen demgegenüber vier heute weitgehend vergessene Autoren des Organs, die im Deutungsdiskurs der Zwischenkriegszeit gleichwohl von repräsentativer Bedeutung für dieses Milieu gewesen sind: Kurt Hiller, William S. Schlamm, Axel Eggebrecht und Peter Alfons Steiniger. An der Schnittstelle zwischen Politikwissenschaft und Zeitgeschichte – der Autor erwarb mit der zugrunde liegenden Habilitationsschrift eine Doppelvenia für Neuere/Neueste Geschichte und Politikwissenschaft – entfaltet Gallus das facettenreiche Bild einer intellektuellen Formation von etwa 1920 bis etwa 1960 über alle politischen Brüche und Wandlungen hinweg. Die Tätigkeit für die „Weltbühne“ erschien allen vier betrachteten Autoren zeitlebens als Karrierehöhepunkt. Auch nach 1945 blieben sie im politisch-publizistischen Feld aktiv. Davon abgesehen gingen sie ihre eigenen Wege. Dies zeigt sich bereits an den Reaktionen auf den Nationalsozialismus: Hiller und Schlamm wählten den Weg ins Exil, Eggebrecht und Steiniger verblieben in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Letzterer in der DDR tätig, die anderen drei in der Bundesrepublik aktiv. Dabei blieb „Hiller […] der Ego-Dogmatiker und hielt sich stets selbst die Treue, Eggebrecht verstand sich fortan als demokratischer Sozialist mit aufklärerischem Impetus, Schlamm suchte bald einen Platz im konservativen Lager und war doch stets ein ,Heimatloser‘, Steiniger schließlich vollzog einen Wandel vom links-unabhängigen Intellektuellen hin zum marxistisch-leninistischen Scholastiker“ (330). Dies alles schildert Gallus auf einer breiten Basis gedruckter und ungedruckter Quellen. Er zeigt damit auch, wie fruchtbar solche Untersuchungen an der Grenze zweier verwandter Disziplinen sein können.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.3 | 2.311 | 2.313 | 2.333 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Alexander Gallus: Heimat "Weltbühne" Göttingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35617-heimat-weltbuehne_42982, veröffentlicht am 06.12.2012. Buch-Nr.: 42982 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken