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Wolfgang Benz

Die Feinde aus dem Morgenland. Wie die Angst vor den Muslimen unsere Demokratie gefährdet

München: C. H. Beck 2012 (Beck'sche Reihe 6073); 220 S.; brosch., 12,95 €; ISBN 978-3-406-63981-4
Wolfgang Benz befasst sich mit unterschiedlichen Formen der Ablehnung von Muslimen und/oder des Islams in der Bundesrepublik. Er ordnet diese historisch in die Vorurteils- und Minderheitenforschung ein und wirft vor diesem Hintergrund einen Blick auf die Gegenwart: zum einen auf ideologische Varianten der Islamfeindschaft, zum anderen auf das Medium Internet und die dortige „Bürgerwut“ (139). Seine Überlegungen zur Gefährdung der Demokratie durch die „Angst vor den Muslimen“ (Titel) enttäuschen dabei auf ganzer Linie. Gleich im ersten Satz weist Benz von sich, eine „Streitschrift“ verfasst zu haben und beruft sich darauf, eine wissenschaftliche Abhandlung zur „Debatte über Muslime in unserer Gesellschaft“ (7) vorgelegt zu haben – doch genau das Gegenteil ist der Fall. Aus der vollkommen nachvollziehbaren (und notwendigen) Kritik an rassistischen Positionen in der Sarrazin-Debatte die Schimäre einer generalisierenden „Angst vor den Muslimen“ aufzubauen, ist abenteuerlich. Die Ablehnung, über die Benz spricht, richtet sich – soweit hätte man die Feinheiten der empirischen Sozialforschung zur Kenntnis nehmen können – im überwältigenden Teil aus rassistischen Gründen gegen Migranten (und damit natürlich auch gegen Muslime, aber nicht primär wegen ihres Glaubens). Zugleich ist die in der öffentlichen Debatte in Deutschland formulierte Kritik am Islam sehr heterogen, sodass rassistische Islam-Hasser eines rechtsextremen Internet-Blogs in keiner Weise gleichgesetzt werden können mit feministischen Islam-Kritikerinnen oder laizistischen Befürwortern eines religiösen Neutralitätsgebotes bei Lehrerinnen – oder, was Benz ein besonderer Dorn im Auge ist: mit muslimischen Kritikerinnen des Islams. Etwas mehr Realismus hätte dem Band gut getan – dann hätte Benz ihn auch nicht mit mehreren (schwach geführten, da mit sehr allgemeinen Fragen und kaum kritischen Nachfragen strukturierten) Interviews aufblähen müssen und lieber einen guten Aufsatz über das tatsächliche Problem einer rassistisch und/oder rechtsextrem motivierten Islamablehnung geschrieben.
Samuel Salzborn (SZ)
Prof. Dr., Professor für Grundlagen der Sozialwissenschaften, Institut für Politikwissenschaft, Georg-August-Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Samuel Salzborn, Rezension zu: Wolfgang Benz: Die Feinde aus dem Morgenland. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35518-die-feinde-aus-dem-morgenland_42844, veröffentlicht am 29.11.2012. Buch-Nr.: 42844 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken