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Sabine Horn / Inge Marszolek / Maria Rohde / Eva Schöck-Quinteros (Hrsg.)

Protest vor Ort. Die 80er Jahre in Bremen und Göttingen

Essen: Klartext 2012; 335 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-8375-0638-9
Die sozialen Bewegungen in den 1980er-Jahren umfassten ein sehr breites Spektrum an Initiativen und Organisationen. Sie entfalteten ihre Proteste auch abseits der schon in den 1960er- und 1970er-Jahren entstandenen Zentren der Studierendenbewegung und außerhalb des studentischen Milieus. In ihrer örtlichen Ausprägung unterschieden sie sich erheblich. Sie trafen auf ein mehr oder weniger verständiges politisches Umfeld und passten entsprechend ihr Protestverhalten an, radikalisierten sich oder wurden gar politisch absorbiert. In den Mikrokosmos von Protestkulturen jener Zeit taucht dieser Sammelband ein. Es handelt sich bei den Beiträgen um die Resultate eines Lehr- und Lernprojekts, das von den Universitäten Göttingen und Bremen gemeinsam abgehalten worden ist. Selektiv werden Protestereignisse dargestellt, die eher lokal relevant waren (z. B. Ausweitung eines Truppenübungsplatzes in Göttingen), überregional wahrgenommen wurden (wie die Krawalle bei der Vereidigung im Weserstadion 1980) oder Teil einer überregionalen Bewegung waren (Anti-Atomkraft-Initiativen). Somit entsteht ein durchaus unterhaltsames Lesebuch. Auch ohne dezidierte oder systematisierte Vergleichsperspektive unterscheiden sich die in elf Einzelstudien dargestellten Fallbeispiele so sehr, dass man sich diese Ebene leicht erschließen kann. Zugleich kann man trotz des Übergewichts an Beiträgen aus der Freien Hansestadt auch ohne zusammenfassendes vergleichendes Kapitel eine Reihe interessanter Unterschiede feststellen. Man erkennt, wie sich in Göttingen ein universitäres Protestmilieu ausbildete, das in Konflikt mit der staatlichen Ordnung geriet, dem es aber gleichzeitig gelang, fragile Interessenkoalitionen zu schmieden. Demgegenüber trafen die Proteste in Bremen auf eine eher verständige sozialdemokratische Stadt- und Landesregierung, die die verschiedenen Gruppen immer wieder unterstützte und sich mit ihr partiell solidarisierte. Die Binnendifferenzierung dieses Protestmilieus war entsprechend ausgeprägter als in Göttingen.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.313 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Sabine Horn / Inge Marszolek / Maria Rohde / Eva Schöck-Quinteros (Hrsg.): Protest vor Ort. Essen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35515-protest-vor-ort_42841, veröffentlicht am 18.10.2012. Buch-Nr.: 42841 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken