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Florian Josef Hoffmann

occupy economics. Ideen für Revolutionen (und Piraten)

München: FinanzBuch Verlag GmbH 2012; 155 S.; 14,99 €; ISBN 978-3-89879-714-6
Jedes Buch, das mit ‚der Lösung’ für unbestritten drängende Probleme von Politik und Gesellschaft in Form der immer noch andauernden Wirtschafts- und Finanzkrise aufwartet, verdient einerseits Beachtung, andererseits aber auch eine skeptische Prüfung. In Hoffmanns Fall stellt sich heraus, dass am Ende die Skepsis die Oberhand gewinnt: Der Vorwurf der „Unschärfen“ (118) gegenüber den anderen Wissenschaften und Theorien fällt auf das Buch selbst zurück. Gegenstand des eher essayistisch angelegten Werks ist die – beachtlich komplexe – Frage, was denn alle bisherigen Wirtschaftstheorien so abgrundtief falsch gemacht haben und – noch dazu – wie all diese Fehler zu korrigieren sind: „Ursachenforschung ist der Anfang. [...] Weshalb ist der Zustand so, wie er ist [...]? Welches sind die geistigen Konzepte, die die Gegenwart begleiten und die den jetzigen Zustand herbeigeführt haben? Und [...]: Wie kann man die Fehlentwicklung berichtigen?“ (16) Die gesamte sich an diese Fragen anschließende Beweisführung verharrt dann auf dem Niveau anekdotischer Evidenz und mangelnder Differenzierung. Metatheorien und Menschenbilder in der gesamten bisherigen Analyse von Gesellschaft, Politik und Markt werden zwar plastisch, jedoch nur kursorisch und mitunter eben auch banalisierend referiert – nur um dann, wenn nichts mehr bleibt außer dem großen Gegenentwurf, auf die eigene Beobachtung zurückzufallen. Das klingt dann so: „Ich gehe auf einen Markt und beobachte, was dort geschieht: Ein Markt ist ein Platz, auf dem sich Menschen treffen, um Dinge auszutauschen, vornehmlich Geld gegen Ware“ (48). Aus der Summe dieser Beobachtungen leitet Hoffmann schließlich seine zentrale Forderung nach einem sozialen Kapitalismus ab, der sich aus so unterschiedlichen Komponenten wie dem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) sowie Solidarität und Respekt der Generationen untereinander speist. Um hier nicht missverstanden zu werden: Nahezu alle von Hoffmann adressierten Themen (Ökonomie und Ökologie, gesellschaftliche Gestaltungsoptionen, sozialer Zusammenhang etc.) stellen absolut wichtige Gebiete dar, die dringend einer öffentlichen Debatte bedürfen. Hoffmanns Buch ist da ein Beitrag unter vielen anderen, allerdings eher einer, der der Kategorie ‚Ich meine’ zuzuordnen wäre. Was es hingegen braucht, sind differenzierte Analysen. Dass sich schließlich die Piratenpartei, auf die Hoffmann hinsichtlich der politischen Umsetzung seiner Vorstellungen offenbar einen Großteil seiner Hoffnungen setzt, momentan eher wieder in die Richtung politischer Bedeutungslosigkeit bewegt, bleibt da nur noch eine Randnotiz.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.45 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Florian Josef Hoffmann: occupy economics. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35492-occupy-economics_42804, veröffentlicht am 22.11.2012. Buch-Nr.: 42804 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken