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Hans-Joachim Veen (Hrsg.)

Zwischenbilanzen. Thüringen und seine Nachbarn nach 20 Jahren

Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2012 (Europäische Diktaturen und ihre Überwindung 18); 259 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-412-20946-9
Zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung fragen die Autoren, „wohin sich Thüringen entwickelt hat und vor welchen Herausforderungen es zukünftig steht“ (7). Hierfür bilanzieren sie in 15 Beiträgen, die auf das 10. Internationale Symposium der Stiftung Ettersberg zurückgehen, die geschichtliche Aufarbeitung, politische Kultur, wirtschaftliche Entwicklung sowie interregionale Perspektiven Thüringens. Während die wirtschaftsorientierten Beiträge wenig Überraschendes zu berichten haben – Bilanz: es ist viel erreicht worden, aber es gibt noch Baustellen –, sind die drei anderen Abschnitte anschlussfähiger: Der Blick auf die historische Aufarbeitung des NS‑ und des DDR‑Regimes ist weniger der Aufarbeitung selbst gewidmet als einer kritisch‑optimistischen „Aufarbeitung der Aufarbeitung“ (53). Diese Beiträge sind durch persönliche Erfahrungen „am Gegenstand“ geprägt. Zwar irritiert im Abschnitt „Föderalismus und Kultur“ Peter März‘ Darstellung der „eigenwilligen bayerischen Staatlichkeit“ (so der Titel), dafür ist aber Karl Schmitts Beschreibung politisch‑kultureller Entwicklungen in Thüringen erhellend, da er einen erweiterten Untersuchungshorizont wählt, der bis in das 19. Jahrhundert zurückreicht. Er konstatiert für die Anfangszeit ein von „Vielgestaltigkeit“ (109) geprägtes Parteiensystem, das aktuell jedoch „ohne tiefgreifende Verwurzelung in unterscheidbaren Gesellschaftsgruppen“ (110) sei. Der Abschnitt „Chancen für ein Europa der Regionen“ sticht positiv hervor, weil er keine ausgetretenen Pfade beschreitet. So zeigen die Autoren, dass es den Ländern – also auch Thüringen – gelungen ist, „sich Anerkennung und Gehör auf europäischer Ebene zu verschaffen“ (211) und sich transnational in „Euroregionen“ (215) zu vernetzen. In einem Podiumsgespräch loteten die Autoren schließlich die „Chancen für ein Europa der Regionen“ (239) aus. Der Sammelband verliert nur selten den roten Faden, variiert jedoch in seiner wissenschaftlichen Ergiebigkeit: Der eine oder andere Aufsatz – vor allem aus dem letzten Themengebiet – nimmt neue und aufschlussreiche Perspektiven zu „Thüringen und seinen Nachbarn“ ein.
Tom Mannewitz (MAN)
Dr., Politikwissenschaftler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.325 | 2.35 | 2.315 | 3.1 Empfohlene Zitierweise: Tom Mannewitz, Rezension zu: Hans-Joachim Veen (Hrsg.): Zwischenbilanzen. Wien/Köln/Weimar: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35483-zwischenbilanzen_42790, veröffentlicht am 13.02.2013. Buch-Nr.: 42790 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken