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Sandra Tauer

Störfall für die gute Nachbarschaft? Deutsche und Franzosen auf der Suche nach einer gemeinsamen Energiepolitik (1973-1980)

Göttingen: V&R unipress 2012; 375 S.; 49,90 €; ISBN 978-3-89971-949-9
Geschichtswiss. Diss. Freiburg; Begutachtung: F.-J. Brüggemeier. – Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beschritten Deutschland und Frankreich unterschiedliche Wege, um ihre Energieversorgung sicherzustellen. Wenngleich beide Länder in den ersten zwei Jahrzehnten Maßnahmen für die Bereitstellung von Energie ergriffen, kann erst seit der ersten Ölkrise von einer politisch-programmatischen Auseinandersetzung mit der Aufgabe, eine konstante Energieversorgung zu gewährleisten, und mit dem dafür notwendig zu zahlenden Preis gesprochen werden. Die westlichen Industriestaaten standen vor der Herausforderung, die Auswirkungen der Ölkrise möglichst gering zu halten und eine umsetzbare Idee für die weitere Energieversorgung zu entwickeln. Wie Tauer Einführungsbüchern entnommen hat, arbeiteten die beiden Staaten Deutschland und Frankreich grundsätzlich eng zusammen – eine Tatsache, die in Anbetracht der Vergangenheit eher als überraschend einzuschätzen ist. Vor diesem Hintergrund „fragt die Arbeit, ob es in dem neuen Politikfeld Energiepolitik Kooperation gab und wie sich diese konkret gestaltete“ (14). Tauer beschränkt sich hierbei auf Erdöl und Kernenergie, untersucht die Verhaltensweisen und politischen Strategien der bundesdeutschen und französischen Regierung (auch in Wechselwirkung mit der Zivilgesellschaft) beim Umgang mit der Ölkrise und beleuchtet, welche Konsequenzen Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing aus der vermeintlichen Mangelsituation zogen. Anders als zunächst durch die Literatur zu vermuten war, kommt Tauer nach ihrer Analyse zu dem Schluss, dass eine bilaterale Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich die Ausnahme blieb. Zwar gab es vereinzelte Bemühungen in diese Richtung – beispielsweise die Absichtserklärung zur Entwicklung fortgeschrittener Reaktorlinien –, jedoch blieben sie erfolglos. Hierfür gab es eine ganze Reihe von Gründen, wie Tauer in ihrer Arbeit zeigen kann. Je nach konkretem Fall waren es unterschiedliche administrative oder energiewirtschaftliche Strukturen, die gegenseitige Wahrnehmung (Angst und Misstrauen auf beiden Seiten) sowie die zum Teil stark voneinander abweichenden politischen Kulturen, die eine Kooperation verhinderten.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 4.2 | 4.21 | 4.22 | 2.313 | 2.61 | 2.263 | 2.343 | 3.5 | 3.6 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Sandra Tauer: Störfall für die gute Nachbarschaft? Göttingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35441-stoerfall-fuer-die-gute-nachbarschaft_42720, veröffentlicht am 27.09.2012. Buch-Nr.: 42720 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken