Sind wir nun glücklich? China auf der Suche nach sich selbst. Aus dem Chinesischen von Karin Betz
Der populäre Moderator des chinesischen Staatssenders CCTV Bai gewährt westlichen Lesern einen seltenen Einblick in den innerchinesischen Diskurs. Anhand eigener Erlebnisse und Erfahrungen als Journalist schildert er den beispiellosen Wandel in seinem Land. Trotz der Freude über die großen, vor allem wirtschaftlichen Fortschritte schwebt über allem die Frage nach dem guten Leben: Wollen wir Chinesen so miteinander und mit unserer Umwelt umgehen? Bai sorgt sich um den Zusammenhalt und die geteilten Werte. Immer wieder formuliert er moralische Positionen: „Menschen ohne Glauben in einer Gesellschaft ohne Glauben schlagen in ihrer Unerschrockenheit und Zügellosigkeit sämtliche von ihren Vorfahren überlieferten Maximen in den Wind und machen in ihrem eigennützigen Profitinteresse anderen das Leben zur Hölle“ (14). Andere Passagen sind in ihrem Pathos schwer nachvollziehbar, etwa Bais Bezüge zu dem Kriegsfilm „Der Soldat James Ryan“ beim Thema SARS. Bei aller geäußerten Kritik bleibt deutlich, dass Bai ein treuer Propagandist der Staatslinie ist. Westliche Leser lernen dennoch einiges über chinesische Perspektiven und den spezifischen Nationalismus. Dies geschieht insbesondere, wenn der Autor um das Verständnis seiner chinesischen Leser wirbt – etwa im Hinblick auf Falun Gong-Demonstrationen oder westliche Forderungen zu Menschenrechten. Angesichts des selbstverliebten Duktus und der Schilderung zahlreicher Nebensächlichkeiten erfordert indes auch die Lektüre eine solche verständnisvolle Gelassenheit.