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Katja Arlett Pohlmann

Neuausrichtung eines Politikfeldes? Zur parlamentarischen Menschenrechtspolitik in der 14. und 15. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012 (Europäische Hochschulschriften: Reihe XXXI, Politikwissenschaft 615); 526 S.; 77,80 €; ISBN 978-3-631-62257-5
Diss. Potsdam; Begutachtung: H. Kleger, H. Fuhr. – Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde in der internationalen Menschenrechtsdebatte zunehmend erkannt, dass der Schutz der Menschenrechte nicht nur eine Domäne der Außenpolitik sein darf, sondern eng mit anderen Politikfeldern wie der Wirtschafts-, der Flüchtlings- oder der Justizpolitik verflochten ist. Die rot-grüne Bundesregierung ist daher 1998 mit dem Anspruch angetreten, den Schutz der Menschenrechte als Querschnittsaufgabe für alle Politikfelder zu verankern. Allerdings wurde dieser Anspruch nicht im Koalitionsvertrag verankert, sondern dessen Realisierung wurde, wie die Autorin hervorhebt, „dem parlamentarischen Alltag [..] überlassen“ (174). Pohlmann fragt, inwieweit es der rot-grünen Mehrheitsfraktion im Deutschen Bundestag gelungen ist, das Thema Menschenrechte „explizit auch für innenpolitische Fragestellungen zu öffnen“ (20). Ihre Arbeit ist umfassend angelegt und berücksichtigt die normativen Grundlagen, die institutionellen Rahmenbedingungen, die inner- wie außerparlamentarischen Akteure und ihre Beziehungsstrukturen sowie die eingesetzten Instrumente. Pohlmann geht davon aus, dass die Neuausrichtung der Menschenrechtspolitik von folgenden sieben verschiedenen Faktoren beeinflusst wurde, die entweder die Arbeit der Parlamentarier begünstigten oder behinderten: der Einfluss der menschenrechtspolitischen Akteure, institutionelle Widerstände und Pfadabhängigkeiten, parteipolitische Differenzen, parlamentarische Federführung für Initiativen, internationale Rahmenbedingungen, sachfremde Determinanten, Einfluss von Medien und Zivilgesellschaft. Anhand von fünf Fallbeispielen, in denen das Spannungsverhältnis zwischen Menschenrechtspolitik, innenpolitischen Zielen und wirtschaftlichen Interessen besonders ausgeprägt war, untersucht die Autorin den Einfluss dieser Faktoren auf die Politikgestaltung. Ausführlich zeichnet sie die parlamentarischen Debatten und Kontroversen beispielsweise über den „Fall Daschner“, die Aufhebung des Waffenembargos gegenüber China oder die Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung nach und gewährt so einen spannenden Einblick in die Praxis der Politikgestaltung. Im Ergebnis können Rot-Grün zwar Erfolge auf der institutionellen Ebene attestiert werden, doch insgesamt waren die „Bemühungen um eine Neuausrichtung der parlamentarischen Menschenrechtspolitik […] zeitlich und thematisch unterschiedlich stark ausgeprägt und ließen ein einheitliches Konzept kaum erkennen“ (356).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.321 | 2.331 | 2.343 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Katja Arlett Pohlmann: Neuausrichtung eines Politikfeldes? Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35318-neuausrichtung-eines-politikfeldes_42538, veröffentlicht am 20.12.2012. Buch-Nr.: 42538 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken