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Fidel Castro Ruz

Der strategische Sieg. Erinnerungen an die Revolution. Aus dem Spanischen von Waltraud Hagen, Ulrich Florian und Olaf Niepolt

Berlin: Verlag Neues Leben 2012; 703 S.; geb., 29,95 €; ISBN 978-3-355-01800-5
„Ich verfügte bereits seit meinem Abitur – trotz meiner Herkunft – über eine marxistisch-leninistische Konzeption von unserer Gesellschaft und einen tiefen Gerechtigkeitssinn.“ (24) – Dieser eine Satz ist alles an Ideologie in diesem Buch, das keine politische Rechtfertigung oder nach Legitimation suchende Interpretation, sondern nur eines ist: eine minutiöse Chronik entscheidender Wochen der kubanischen Revolution. In der knappen Einleitung, in der Castro seine Biografie kurz umreißt, fällt auf, dass er seine Revolution mit der Erinnerung an den Brief, den er als Schüler an den US-Präsidenten Roosevelt schrieb, in die amerikanische Geschichte einreiht – nicht in den Abschnitt über lateinamerikanische autoritäre Regime, sondern in die Abteilung, in der von dem uramerikanischen Streben nach Freiheit erzählt wird. Plausibel ist dies, nimmt man so wie Castro in diesem Buch allein den Standpunkt der damaligen Gegenwart im Jahr 1958 ein – die auf Kuba von der ungerechten und gewalttätigen Diktatur Battistas geprägt war. Castro setzt mit seiner Erzählung, bei der er sich auf die Vor- und Zuarbeiten von Historikern stützt, im Mai 1958 an, als das alte Regime „die entscheidende Schlacht [suchte], um die Bedrohung durch die Rebellen ein für alle mal zu beseitigen“ (31). Und tatsächlich wundert man sich bei der Lektüre wiederholt, dass dies nicht gelungen ist – die Revolutionäre erhielten zwar Zulauf aus der Bevölkerung, waren trotzdem aber nur eine kleine Gruppe (der Sieg wurde schließlich mit 3.000 Kämpfern errungen). Die Schlachten spielten sich in schmalen Schluchten ab, dem Hunger begegnete man mit selbst hergestellten Lebensmitteln und Che versuchte, für die Kommunikation ein Feldtelefon zu installieren. Die Revolutionäre kannten sich teilweise schon lange und fühlten sich persönlich verbunden, Castro zählt viele der Gefallenen namentlich auf und bedauert ihren Tod. Diese Orientierung am Einzelnen beschränkte sich nicht nur auf die eigenen Leute, dokumentiert ist auch die Übergabe Gefangener an das Rote Kreuz sowie Briefe, die Che und Castro höflich an einzelne Befehlshaber der gegnerischen Truppen schrieben, um sie zum Seitenwechsel zu bewegen – teilweise mit Erfolg. Das Buch endet im Sommer 1958, als es den Revolutionären gelang, die Initiative zu übernehmen. Ihr Sieg rückte in greifbare Nähe. Durch die geradezu unpolitische, aber dennoch persönliche Schilderung stellt Castro sicher eine für Historiker interessante Quelle zur Verfügung.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.1 | 2.65 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Fidel Castro Ruz: Der strategische Sieg. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35294-der-strategische-sieg_42510, veröffentlicht am 26.07.2012. Buch-Nr.: 42510 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken