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Friedrich Paul Heller

Pinochet. Eine Täterbiografie in Chile

Stuttgart: Schmetterling Verlag 2012; 352 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-89657-097-0
„Pinochetismus heute ist die repressiv durchgesetzte Atomisierung der chilenischen Ausbeutergesellschaft“, so Friedrich Paul Heller, „jeder muss sehen, wo er bleibt, und wer arm ist, ist selbst dran schuld“ (242). Dieses Fazit zieht der Autor aus seiner Analyse, in der er zeigt, wie grundlegend und nachhaltig sich Chile unter der Diktatur Pinochets gewandelt hat. Der zügellose Neoliberalismus, als Feldexperiment durchgeführt, die nachhaltige Vernichtung sämtlicher demokratischer und politischer Strukturen und die gesellschaftliche Neuausrichtung in den 17 Jahren seiner Amtszeit entfalten ihre Wirkungen noch in der Gegenwart. Im Mittelpunkt des Buches steht deshalb die Entwicklung der politischen Figur Augusto Pinochet und ihr Wirken. „Zu Pinochet als Person fällt mir nichts ein“ (8). Dargestellt werden kurz Kindheit, Jugend und vor allem die berufliche Laufbahn bis hin zur Karriere im Militär. Es folgt ein umfangreiches Kapitel über den Putsch am 11. September 1973. Heller stellt Pinochet als nur mäßig begabten Militär da, der erst im letzten Augenblick zu den Putschaktivitäten stieß und sie als antimarxistisch notwendig legitimierte. Anschließend werden die ersten Jahre der Diktatur nachvollzogen, der Beginn der flächendeckenden Folter, die politische Verfolgung Andersdenkender und damit die Entwicklung Pinochets zum skrupellosen Herrscher. Hier wie in einem der Anhänge (Pinochets „Brief an die Chilenen“), die die Biografie abrunden, zeigt sich deutlich, dass Pinochet durch politischen Opportunismus der Aufstieg in der Militärhierarchie gelang und er später seine Einzelherrschaft kaltblütig festigte. Weiterhin setzt sich Heller, der bereits u. a. ein Buch über die „Colonia Dignidad“ veröffentlichte, mit den Herrschaftstechniken, der Rolle von Zivilisten und Militärs in zentralen Ämtern sowie der Medien auseinander, analysiert die internen Machtkämpfe um Pinochets Alleinherrschaft und den Beinahe-Krieg mit Argentinien. Abschließend wird das Nachwirken dieser Diktatur auf die heutige Politik gezeigt – und die Zukunftsperspektive, die Heller der chilenischen Gesellschaft in Aussicht stellt, sieht entsprechend nüchtern aus. „Um der nächsten Generation keine Hypothek zu hinterlassen, muss die Aufarbeitung von Mord und Folter integraler Bestandteil des Übergangs von der Diktatur zur Demokratie sein“ (246), lautet daher sein Appell.
Vincent Wolff (VW)
Student der Politikwissenschaft, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Universität Bonn.
Rubrizierung: 2.65 | 2.24 | 2.25 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Vincent Wolff, Rezension zu: Friedrich Paul Heller: Pinochet. Stuttgart: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35269-pinochet_42474, veröffentlicht am 15.11.2012. Buch-Nr.: 42474 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken