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Christoph Scherrer / Andreas Hänlein (Hrsg.)

Sozialkapitel in Handelsabkommen. Begründungen und Vorschläge aus juristischer, ökonomischer und politologischer Sicht

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Integration Europas und Ordnung der Weltwirtschaft 38); 232 S.; 54,- €; ISBN 978-3-8329-6481-8
Obwohl im Wirtschaftsleben Handel und Arbeit eng verknüpft sind, werden sie völkerrechtlich als zwei getrennte Regime in der Zuständigkeit der World Trade Organisation (WTO) und der International Labour Organisation (ILO) betrachtet. Bei der Neugründung der WTO im Jahr 1996 wurde eine Integration von Arbeitsrechts- und Sozialklauseln in das WTO-Recht abgelehnt. Jedoch sind außerhalb der WTO in der Vergangenheit zahlreiche Aktivitäten und Initiativen entstanden, die mit Regelungen über Sozialstandards, Verhaltenskodizes von Unternehmen etc. das Bewusstsein für andauernde Verstöße gegen internationale Arbeitsregelungen und die teilweise menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in vielen Teilen der Welt geschärft haben. Zudem sind in vielen bilateralen Handelsabkommen Sozialklauseln enthalten. In diesem Band, der u. a. auf eine vom österreichischen Bundeskanzleramt in Auftrag gegebene Studie zurückgeht, wird untersucht, inwieweit eine Verknüpfung der beiden Rechtsregime unter der Zielvorgabe eines effektiven Schutzes für Arbeitskräfte wirtschafts-, politik- und rechtswissenschaftlich zu begründen ist. Durch die Zusammenführung dieser drei Perspektiven wird insgesamt sehr gut deutlich, dass die Durchsetzung von Sozialklauseln einzig eine Frage des politischen Willens ist. Weder lasse sich die Missachtung von Arbeitsrechten (von kurzfristigen Wettbewerbsvorteilen abgesehen) ökonomisch rechtfertigen, wie Christoph Scherrer schlüssig nachweist, noch stehen sie dem internationalen Handelsrecht entgegen, wie Claudia Hofmann und Andreas Hänlein zeigen. Thomas Greven zeichnet den Stand der politischen Debatte nach und nennt Voraussetzungen, um Sozialstandards legitimieren und effektiv umsetzen zu können. Dazu zählen u. a. Freiwilligkeit, Transparenz und die Möglichkeit, Sanktionen oder Strafen zu erwirken. In weiteren Beiträgen werden bestehende Handelsabkommen mit Sozialkapiteln einer kritischen Betrachtung unterzogen. So sei beispielsweise das Nachhaltigkeitskapitel des Handelsabkommens der EU mit Kolumbien und Peru lediglich ein Appell, „der das Papier nicht wert ist, auf dem er formuliert wurde“ (155). Als Beispiele für Good Practice werden das Textilabkommen zwischen den USA und Kambodscha oder das Handelsabkommen zwischen USA und Chile herausgestellt. Sinnvoll ergänzt wird der Band durch zwei Mustertexte für Sozialkapitel, die am Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte erarbeitet wurden.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.43 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Christoph Scherrer / Andreas Hänlein (Hrsg.): Sozialkapitel in Handelsabkommen. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35232-sozialkapitel-in-handelsabkommen_42425, veröffentlicht am 04.10.2012. Buch-Nr.: 42425 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken