Bildung und Kleinstaaterei. Brauchen wir mehr Zentralismus?
Die kleine Streitschrift versammelt 17 Beiträge von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen, Journalisten, Bildungspolitikern und Betroffenen. Als Besonderheit sind dabei drei Kurzbeiträge von Schülern hervorzuheben, die die Innenperspektive des deutschen Bildungsföderalismus und seiner Institutionen einnehmen. Die übergeordnete Frage, ob es in der Bundesrepublik mehr bildungspolitischen Zentralismus geben sollte, wird dabei – je nach Herkunft der Autoren und Autorinnen – unterschiedlich beantwortet. Auch in diesem Band sind es vor allem die Vertreter aus der Politik, wie Hans Zehetmair und Klaus Kinkel, die für einen Erhalt der Kulturhoheit der Länder plädieren. Eine profunde Analyse zur bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung im deutschen Bildungsföderalismus liefert Joachim Wieland in seinem Beitrag. Ausgehend von der realistischen Einschätzung, dass weder Bund noch Länder bereit sein werden, Kompetenzen in diesem Bereich aufzugeben, prüft er die rechtlichen Möglichkeiten, die eine (neue) Gemeinschaftsaufgabe Bildung eröffnen würde. Dieter Dohmen hingegen beleuchtet aus ökonomischer Perspektive den deutschen Bildungsföderalismus. Während seine Darstellungen zu den finanziellen Aufwendungen, die Bund, Länder und Kommunen bereits heute tätigen, einen interessanten Überblick vermitteln, sind seine Vorschläge zu zukünftigen Finanzierungsmöglichkeiten doch arg von einem ökonomischen Verwertungsinteresse von Bildung geprägt. So schlägt er beispielsweise die Einrichtung eines „Zukunftsfonds Bildung aus privatem Kapital“ vor – vorausgesetzt, dieser werfe „langfristig eine akzeptable Rendite“ (98) ab. Mit seinen Beiträgen bestätigt dieser Band insgesamt leider eine allgemeine und bedenklich stimmende Tendenz in der deutschen Föderalismusdiskussion: mit ihren Forderungen nach einer vermeintlich effizienteren und transparenteren zentralstaatlichen Lösung setzen sich verschiedene Autoren in ihren Beiträgen über verfassungsrechtliche, historische und vor allem demokratietheoretische Aspekte der bundesstaatlichen Ordnung leichtfertig hinweg. Dazu zählt z. B. die Forderung nach Einsetzung eines scheinbar unpolitisch und nur auf Basis der „versammelten Weisheit“ (238) arbeitenden Bildungsrates, der sich aus Wissenschaftlern zusammen setzen soll.