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Stefan Krammer / Marion Löffler / Martin Weidinger (Hrsg.)

Staat in Unordnung? Geschlechterperspektiven auf Deutschland und Österreich zwischen den Weltkriegen

Bielefeld: transcript Verlag 2012 (GenderStudies); 256 S.; kart., 28,80 €; ISBN 978-3-8376-1802-0
Staatsdenken ist immer auch Ordnungsdenken: Staatliche Institutionen ordnen die Gesellschaft und schreiben Hierarchien und Normen fest. Die Zeit der Weimarer Republik sowie der Ersten Republik in Österreich war eine, in der das Denken über den Staat Konjunktur hatte, und bis heute kommen Politikwissenschaftler kaum ohne die in dieser Zeit entstandenen Staats- und Demokratietheorien aus. Dennoch wird, schreiben die Herausgeber und die Herausgeberin, diese Zeit im Rückblick vor allem als große Krise betrachtet, als Unordnung, die letzten Endes mehr oder weniger zwangsläufig im Zusammenbruch der Systeme und im Nationalsozialismus enden musste. Zumindest lässt sich nicht leugnen, dass die Zwischenkriegszeit von einem gesellschaftlichen Selbstfindungsprozess gekennzeichnet war, der auf dem Verlust einer über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte existierenden Ordnung beruhte: der Niedergang der alten Institutionen und das Aufkommen der Moderne. Damit war auch eine fundamentale Neuorientierung der gesellschaftlichen Geschlechterordnung verbunden, die zwar massive Auswirkungen auf das staats- und demokratietheoretische Denken dieser Zeit hatte, in der sozialwissenschaftlichen Literatur jedoch kaum beachtet wird. Hier setzen die Autorinnen und Autoren des Buches an. Sie analysieren das Denken über den Staat vor dem Hintergrund der Geschlechterfrage und greifen dabei auf zeitgenössische Beiträge nicht nur aus der politischen Theorie, sondern gleichermaßen aus Literatur, Film und Theater sowie Erzählungen aus der Praxis zurück. Im ersten Teil des Buches wird nach der vergeschlechtlichten sowie vergeschlechtlichenden Funktion politischer Institutionen gefragt. So wird zum Beispiel gezeigt, wie geschlechtliche Hierarchien zur Legitimation staatlicher Ordnung herangezogen wurden (etwa der Beitrag von Marion Löffler zur legitimierenden Funktion der Institution Familie). Im zweiten Teil hingegen geht es um die dahinterstehende Unordnung – etwa in unterschiedlichen Widerstandsformen – und um die Auswirkungen dieser Prozesse auf die Transformation gesellschaftlicher und staatlicher Ordnung.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.311 | 2.4 | 2.27 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Stefan Krammer / Marion Löffler / Martin Weidinger (Hrsg.): Staat in Unordnung? Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34912-staat-in-unordnung_41978, veröffentlicht am 10.05.2012. Buch-Nr.: 41978 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken