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Dominik Allenspach

Der Effekt der Systemunterstützung auf die politische Partizipation. Eine vergleichende Analyse westlicher Demokratien

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012; 304 S.; 34,95 €; ISBN 978-3-531-18392-3
Diss. Zürich; Begutachtung: S. Hug, E. Davidov. – Hand aufs Herz: Agieren zufriedene oder unzufriedene Menschen heftiger? Politische Partizipation, also die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen, das Engagement in Vereinen oder eine aktive Meinungsäußerung, wird für Dominik Allenspach von Befürwortern des Systems und von Gegnern getragen – politische Indifferenz (der „Mitte“) äußere sich in Nichtbeteiligung. Dies nennt der Autor den parabolischen Effekt bzw. „u-förmige“ (63) Partizipation (ein Schelm, wer dabei an einen diabolischen Effekt denkt). Allenspach braucht zu dieser Erkenntnis das – anschaulich vorgetragene – Instrumentarium von konfirmatorischer Faktoranalyse und logistischer Regressionsanalyse. Belastbare Daten findet er im World Values Survey von 1994-1999, im European Social Survey von 2002-2003 und im International Social Survey Programme von 2003-2004. Die für unterschiedliche Ländergruppen erhobenen Angaben belegen die Systemunterstützung (Festigkeit der nationalen Identität, Vertrauen in Rechtsstaat und Parteien sowie Zufriedenheit mit politischen Amtsträgern) vorrangig in soliden Demokratien mit Hang zu einem hohen Sozialprodukt (Australien, Kanada, Schweiz). Italien kommt auch vor, doch aus den Zahlen lassen sich kaum Rückschlüsse auf problematische Korrelate wie etwa zwischen Protest und „Regimevertrauen“ (299) ableiten. Ähnliches gilt für den Zusammenhang von Wahlen und nationaler Identität in Belgien. Es ist Allenspach kaum anzukreiden, den theoretischen Vorspann nicht urteilskräftig zu nutzen – das ist eine Schwäche vieler empirischer Arbeiten. Doch Pippa Norris’ wirkmächtiges Konzept der „Critical Citizens“ auf weniger als einer halben Druckseite (vgl. 48) aufzugreifen, kann kaum zum Ziel führen. Entschädigung leisten streitbare demokratietheoretische Schlüsse, etwa der einer größeren Effektivität von Petitionen im Vergleich zu Wahlen. Dass Allenspach die Hypothese „H2b“ bestätigt, wonach Menschen mit „tiefer“ Systemunterstützung eher spontane Formen der Partizipation wählen, weil sie so „momentane Unzufriedenheit“ besser ausdrücken können, erscheint waghalsig. Den gegenteiligen Effekt schwächerer „unverfasster“ (65) Partizipation bei stärkerer Systemidentifikation auf die Zufriedenheit mit Amtsträgern zurückzuführen, stimmt den Rezensenten ob der Trivialität etwas unzufrieden.
Sebastian Liebold (LIE)
Dr., Politologe und Zeithistoriker, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.22 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Liebold, Rezension zu: Dominik Allenspach: Der Effekt der Systemunterstützung auf die politische Partizipation. Wiesbaden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34771-der-effekt-der-systemunterstuetzung-auf-die-politische-partizipation_41798, veröffentlicht am 15.03.2012. Buch-Nr.: 41798 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken