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Christoph Scherrer (Hrsg.)

China's Labor Question

München/Mering: Rainer Hampp Verlag 2011; VIII, 221 S.; 27,80 €; ISBN 978-3-86618-387-2
Seit Deng Xiaopings Reformen zur wirtschaftlichen Liberalisierung von 1979 hat sich China mit konstant hohen Wachstumsraten um zehn Prozent von einem agrarisch geprägten Entwicklungsland zur Werkbank der Welt entwickelt. Mit seiner arbeitsintensiven Produktion hat das Land Deutschland als größte Exportnation überholt. Für die Autoren und Autorinnen des Bandes ist dies Grund genug, nach den Arbeitsbedingungen, der Organisation und dem Klassenbewusstsein der chinesischen Arbeiterschaft zu fragen. Die orthodox-marxistische Erwartung, dass die zunehmenden Spannungen zwischen Arbeit und Kapital sowie die Verschärfung des Gegensatzes zwischen Arm und Reich in China mittelfristig automatisch zur Entstehung eines politischen Klassenbewusstseins führen würden, hält der Herausgeber für naiv. Die marxistische Prognostik missachte die endemischen soziopolitischen Kontexte sowie die zunehmenden Konflikte zwischen hoch- und niedrigqualifizierten Arbeitern und unterschätze das pazifizierende Potenzial des politischen Projektes der „harmonischen Gesellschaft“ (158), das die Kommunistische Partei Chinas im Rahmen ihres autoritären Kapitalismus verfolgt. So legen die Beiträge im dritten Teil dar, wie Regierung und wichtige Unternehmen in den vergangenen Jahren begonnen haben, einzelne Forderungen der Arbeiterschaft und der fragmentierten Gewerkschaften in Form der Gesetzgebung zum Mindestlohn und im Rahmen von Programmen zur unternehmerischen Selbstverantwortung (engl. Corporate Social Responsibility, CSR) zu integrieren, um so der Gefahr von Streiks und sozialen Unruhen antizipativ entgegenzuwirken und gegenhegemonialen Projekten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Machtvolle Protestbewegungen, die gegen den Zustand der „Super-Ausbeutung“ (2) aufbegehren, sind bis hierhin nur in wenigen Fällen entstanden. Ob es den herrschenden Klassen gelingt, den Forderungen der Arbeiter und Arbeiterinnen nach Selbstbestimmung auch in Zukunft mit CSR-Programmen und der Ideologie der „harmonischen Gesellschaft“ aufzufangen, ist eine offene Frage, die auch von der Nachhaltigkeit des Wachstums der chinesischen Volkswirtschaft abhängen wird.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.68 | 2.22 | 2.262 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Christoph Scherrer (Hrsg.): China's Labor Question München/Mering: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34750-chinas-labor-question_41770, veröffentlicht am 15.03.2012. Buch-Nr.: 41770 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken