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Klaus Grütjen (Hrsg.)

Lokale Selbstverwaltung im Spannungsfeld von afrikanischer Tradition und europäischer Moderne. Dezentralisierung und Dekonzentration in den frankophonen Staaten Westafrikas am Beispiel Burkina Fasos

Köln: Rüdiger Köppe Verlag 2011 (Recht in Afrika 3); XXXVIII, 822 S.; hardc., 98,- €; ISBN 978-3-89645-623-6
Verwaltungswiss. Diss. Speyer; Begutachtung: R. Pitschas, K. König. – Bei Reformen zur Modernisierung von Staat und Verwaltung spielt Dezentralisierung eine bedeutende Rolle. Sie gilt als wichtiges Instrument, um Entwicklungsziele wie z. B. Armutsbekämpfung oder gute Regierungsführung zu erreichen. Die Erfolge bisheriger unterstützender Maßnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit seien als gering einzustufen, schreibt der Autor, der selbst als Gutachter in diesem Bereich tätig war. Oftmals werde übersehen, dass Dezentralisierung keine Modeerscheinung, sondern eine seit dem 19. Jahrhundert gewachsene Tradition darstelle. Mit dieser umfassenden rechts- sowie verwaltungshistorischen und -wissenschaftlichen Abhandlung kann er dies auf beeindruckende Weise belegen. Basierend auf Forschungsaufenthalten in Burkina Faso, Senegal, Niger und in Paris hat Grütjen ein intensives Studium von Rechtsquellen und amtlichen Dokumenten in zum Teil kaum geordneten und von Termiten befallenen Archiven betrieben. Er skizziert zunächst die Entstehungsbedingungen des afrikanischen Staates. Die Komplexität der gesellschaftlichen und politischen Strukturen in Westafrika speise sich aus den drei für die Entstehung des westafrikanischen Staates wesentlichen Faktoren: traditionelle Kulturen, Einfluss aus dem Orient und europäische Kolonisation. Sie bildeten den Rahmen für die weitere politische Entwicklung und dafür, dass sich in Westafrika und insbesondere in Burkina Faso eigene, aus der Verbindung von westafrikanischen und französischen Elementen entstandene Regeln und Funktionsmechanismen innerhalb von Staat und Verwaltung entwickelt haben. Diese bilden den Kern der Studie. Grütjen hat in akribischer Fleißarbeit einschlägige Gesetze und Erlasse aus dem Zeitraum von 1815 bis 2008 zusammengetragen, um die einzelnen Etappen der Entwicklung der Verwaltungsstrukturen detailgetreu zu erfassen (sein Verzeichnis der amtlichen Dokumente am Ende der Arbeit umfasst mehr als 160 Seiten!). Diese betreffen auch Verbindungen zu anderen Reformprozessen und Politikfeldern, für die Dezentralisierung – als Querschnittsaufgabe – eine wichtige Rahmenbedingung darstellt. In kurzen Abschnitten werden daher wichtige Konzepte und Gesetze sowie der Stand der Entwicklungen nicht nur in der Verwaltungsreform, sondern u. a. auch in der Boden- und Raumordnung, der ländlichen Entwicklung oder der Trinkwasserversorgung dargestellt. Insgesamt stellt die Arbeit einen beachtenswerten Beitrag zum besseren Verständnis von Dezentralisierungsprozessen dar. Sie ist insofern nicht nur von einem großen historischen, sondern auch von verwaltungspraktischem Wert.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.67 | 2.21 | 2.26 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Klaus Grütjen (Hrsg.): Lokale Selbstverwaltung im Spannungsfeld von afrikanischer Tradition und europäischer Moderne. Köln: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34711-lokale-selbstverwaltung-im-spannungsfeld-von-afrikanischer-tradition-und-europaeischer-moderne_41721, veröffentlicht am 10.05.2012. Buch-Nr.: 41721 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken